Gianella – Orbetello – Ansedonia – BI 16: Ciclovia Tirrenia – Tarquinia – Vetralla – Capranica – Bracciano – Roma

Am Zeltplatz sei noch ein anderer ReiseRadler aus Deutschland, verrät mir der Campingplatzbesitzer und führt mich zu seinem Zelt. Am nächsten Morgen gibts dann ein längeres Gespräch beim Morgen-Cappuccino in der Bar, bis der feststellt: „Schon wieder so spät geworden zum Losfahren, “ hat er doch noch ein langes berigiges Tagesprogramm bis zum Bracciano-See eingeplant. Dann will er nicht nur nach Rom, sondern weiter bis ganz runter nach Sizilien…ob ich mitkommen möchte. Ja, wollen mögen tät ich schon und hatte das auch schon mal angedacht, allein mir fehlt die Zeit, ich muss wieder heim! Mein Kärtchen lasse ich ihm da…

Die bergige Halbinsel lädt zum Erforschen ein, ich muss mich hier und heute auf ein paar Morgenimpressionen um den kleinen Hafen herum beschränken:

Über die südlichste Landzunge, ein parkähnliches Naturschutzgebiet mit ausgewiesenen Wegen, will ich aufs Festland zurückfahren, mache aber noch einen kurzen lohnenden Abstecher nach Orbetello auf der mittleren Landzunge.

Typisch italienischer Sonntagvormittagsbetieb: Männer bei Schwatzen auf den Plätzen, Familien mit herumtoben den Kindern, Pärchen an fotogenen Stellen, Frühschoppen …

Mein ausgetüfftelter Weg über den südlichsten Landstreifen komplett ohne Autoverkehr und nur wenige 100 m schmal:

Auf der einen Seite Wasservogelbeobachtungstationen in der Lagune,

Wildnis,

auf der anderen Seite Badestrand, in der Mitte ein mit dem Rad befahrbaren Weg durch den duftenden Nadelwald, wäre auch ein wunderbarer Ort für einen schönen Urlaub. Im Dorf Feniglia gibt es einen Campingplatz und Restaurants. Am anderen Ende ist ein großer Radverleih mit viel Betrieb an diesem Bilderbuchsonntag.

Ansedonia ist mein nächster Ort und ich schiebe steil den Berg hinauf, denn oben warten die ausgegrabenen Ruinen der alten Stadt Cosa auf Besucher, die auch recht zahlreich und fachkundig da sind.

Auf kleinen Sträßchen gelange ich zum BI 16, dem italienischen Radwanderweg Ciclovia Tirrenia. Wieder sind mehrere Kilometer gestrichelte Stecke verzeichnet, aber mir bleibt sonst keine Alternative zur (verbotenen) Autobahn ohne weitere Umwege. Kontrastreiche Blicke – Fruchtbarkeit und Halbwüste:

Mal sehen was kommt…Nee, wird nicht besser als erwartet: Eine Erdpiste, die sich gewaschen hat, mit viel hoperigem Rauf – und Runter,

und hoppla hooohhh, mein Rad und ich sind auch dran: Ab durch die Mitte vom Flussbett, das nass den Weg kreuzt! Und wieder rauf … Aber egal, der Himmel ist blau und die Luft lau, links drüben die „Piana del Diavola“ und am Ende doch wieder rollfreundlicher Asphalt unter den Reifen.

Im Dunkeln erreiche ich Tarquinia. Eine riesige Obst- und Gemüsehalle hat auf und ich suche mir Weintrauben, Birnen, Orangen, Paprika etc. zusammen.

 Der Ladenbesitzer guckt kurz wiegt nichts und will nur 1 Euro. Ein paar junge Burschen versuchen ein Gespräch mit mir anzufangen, aber die Verständigung ist echt schwierig, ist das Englisch, was sie probieren? Wie Italiener schauen sie auch nicht aus. Schließlich suchen sie in ihren Taschen einen Euro zusammen, um mir meinen Einkauf zu spendieren, bevor sie in ihr uraltes Auto steigen.

In der Altstadt ist noch viel los!

Wein und einen kleinen Teller mit Oliven, Schinken, Käse, Brot, Tomaten … Versucherla würde der Franke sagen – gibt’s am erleuchteten Brunnen, wie meistens mit Trinkwasserzapfsäule dabei.

Abendleuchten zum Abschied:

Am nächsten Tag fahre ich beim ersten Tageslicht weiter, denn Rom ruft! Immer bergauf zum Warmwerden geht das Sträßchen, nur ganze zwei Grad plus zeigt mein Thermometer nach sternklarer Nacht!

In Mamas Bar in Vetralla gibt’s Tageszeitungen, regen Publikumsverkehr und einen schnellen Espresso für die Einheimischen, aber bei mir wird ein längerer Cappuccino draus, denn es ist Lucias Geburtstag und ihr erster Studientag in Regensburg – da muss ich doch unbedingt meine allerbesten Wünsche loswerden und wenigstens ein virtuelles Schokohörnchen hinschicken, bevor ich einen Blick in diese und jene Kirche, in die Abgründe der steilen stufigen Gassen werfe – und sowieso und natürlich am liebsten auch noch in alle Ecken und Winkel!

Bracciano, über dem gleichnamigen See gelegen, ca. 40 km vor Rom überrascht mich mit einer großen Burg

und auch Maler haben den Blick von Halbhoch auf die pittoresken Gassen entdeckt:

 Ein Stück Umweg spendiere ich noch für eine Uferfahrt, dann geht’s geradewegs auf der SP493 nach Rom hinein und hinunter an den Tiber!

Ich bin da!

 Ein paar flache Treppen, ein Stück Tiberradweg und Lotsenlassen mitten durch den berühmten Borghese-Park zum Quartier in der Via Collina. „Oh, Sie sind mit dem Rad da. Dann gebe ich Ihnen ein Zimmer im Erdgeschoss…“

Schnell alles, einschließlich des Rades, im altertümlichen geräumigen Zimmer abgestellt und ein erster Nachtstreifzug zum Trevibrunnen und drumherum…als Auftakt für weitere wundervolle Tage zum Erkunden und Staunen. Einen Tag bekomme ich geschenkt, weil der FlixBus mich, zunächst sehr ungewollt, einfach verschiebt, wegen des fehlenden Platzes für die Fahrradmitnahme bei der ursprünglichen Buchung.

Die nächste Tour durch die Toskana würde ich weniger geradlinig machen: Zickzack nach fast überall in dieser wunderschönen Natur- und Kulturlandschaft, zu all den Landstädten und -städtchen und dabei all die kleinen Bergsträßchen probieren …, unbedingt auch mal im Frühjahr, denn da ist es länger hell und alles wieder neu und anders.