Gewitter und Baustellenglück und der Samstag dazu

Am Freitagmorgen den weitläufigen Landschaftspark vom Fürst von Pückler-Muskau in Bad Muskau besucht, beiderseits der Neiße und in beiden Ländern. Da könnte man den ganzen Tag verbringen. Malerisch ist die Flusslandschaft mit Brücken, Gartenanlagen und Bauten harmonisch in den Park integriert, er erscheint wie natürlich gewachsen.

Durch schöne Auenlandschaft verläuft auch der Radweg, oft fährt man oben auf dem Neißedamm. Kaum ein Ort auf der Strecke, erst nach ca. 30 km wird mit Forst – hier ist der auch beim Vorbeifahren beeindruckende Ostdeutsche Rosengarten mit über 40.000 Rosenstöcken und jährlichem Festival der tausend Lichter – wieder eine Kleinstadt durchfahren. Forst (Lausitz) wurde, wegen dem vom Mittelalter bis in die Neuzeit bedeutendem Tuchmacherhandwerk, auch das “ deutsche Manchester“ genannt.

Weiter nach Guben, bekannt für seine Wollfilzhüte. 10 Mio. Hüte im Jahr wurden vor dem 2. WK in alle Welt exportiert. Gubin, die polnische Schwesterstadt, hat eine sehenswerte Ruine der im 14. Jh. erbauten Stadt- und Hauptkirche zu bieten, die nun durch einen Förderverein gerettet werden soll.

Noch 30-40 km will ich fahren, es regnet ein bisschen, dann wieder mehr und weniger. Aber auf einmal werde n die Tropfen im dicker, es klatscht und prasselt – und jetzt auch noch eine lange Umleitung wegen Reparatur des Dammes!

Die Neiße hat sich auch gerade verabschiedet, sie wurde von der Oder eingesammelt. Die ersten Blitze zucken. Auf der Umwegstrecke ein Schild: 2 km Kloster Neuzelle, mit Campingmöglichkeit! Ich trete wie verrückt in die Pedale, das sind lange 2 km. Da, das Kloster ist vor mir, aber wo ist der Eingang? Da, der Garteneingang, Rasefahrt in den menschenleeren Klostergarten, auf der anderen Seite wieder raus und noch dreimal ums Eck, dann kann ich mich endlich tropfnass unter die Arcaden vor der Klosterkirche retten. Endlich im Trockenen! Fein gekleidetes Publikum eilt zu einem Fest. Eine andere Radfahrerin weiß wo der Zeltplatz ist, ein kleiner privater. Es gewittert, die Blitze zucken, bis 23 Uhr soll das andauern, sagt sie… Nach einer Stunde vor der Klosterkirche sitzen und gucken, hört der Regen auf. Prima! Zelt aufbauen und ein bisschen rumspazieren. Am nächsten Morgen ist nur noch hohe Luftfeuchtigkeit. Der Besitzer fragt, ob ich einen Kaffee möchte und ein Brötchen, und was für eines? Das bestellte Wütstbrötchen ist dann ein Riesenteller mit Wurst- und Käsebrötchen, Paprika, Gurken, Dill … Was was es denn koste? 3€ Aufpreis zur Übernachtung meint er: „dann isses jut“.

Drei Ziegen hat er, ein Riesenfisch und viele kleine im großen Teich – und einen Privatfriedhof … scho a weng skurril!



Gut, dass die Baustelle da war, sonst wäre ich weiter auf dem schutzlosen Damm dahingebraust. Es kommt noch eine Baustelle, die Bundesstraße ist gesperrt. Geht der Radweg durch? 5 km Sackgasse riskieren? Ja! Ich habe Glück. Fast 10 km autofreie Schnellstrecke. Schön hier! 

Bisschen rumgucken in Frankfurt/Oder, die Plastik vor der Europa-Universität bewundern,

ebenso wie mächtige Baudenkmäler norddeutscher Backsteingotik und dann nach dem Schreiben dieser Zeilen beim Mittagskaffee samt Zwetschgen- und Apfelkuchen entgültig über Küstrin bzw. Kostryzn hinüber nach Polen!

Bis zur Grenze geht es fast immer am Radweg etwas unterhalb des Oderdammes entlang. Man kann den Damm ab und zu hochfahren und einen Überblick über die wundervolle Auenlandschaft gewinnen, muss aber immer wieder runter, denn oben und jenseits des Dammes gibt es nur geheimnisvoll aussehende Wanderwege. Ein andern Mal …, heute nur schnelles, und dabei fast müheloses Dahinfliegen auf dem Tria-Aero-Lenker.

Küstrin-Kietz soll eher unspektakulär sein, also gleich rüber über den mit Holzbohlen belegten Radweg der Grenzbrücke. Wie das wackelt, besonders wenn ein Auto nebendran vorbeifährt!! Hält das denn?! Ich bleibe trotzdem stehen und riskiere ein Foto.

Im polnischen Kostryn bestaune ich die Ruinen der großzügigen, einst modernen Brandenburg-Preußischen Festungen, das war wahrlich eine wehrhafte Bastion! Ein Brautpaar lässt sich an der dicken Mauer dort oben gerade mit Blick auf die Warthemündung und viele Boote fotografieren.

Schon nach 17 Uhr, Zeit zum Weiterfahren! Nach Gorzow Wlkp. sind es noch 44 km, dann noch 16 zum Campingplatz. In der Abenddämmerung komme ich an und gucke ein bisschen in den See, um die schöne Abendstimmung zu genießen, und schon kommen vier munter herumhüpfende Kinder und reden auf polnisch auf mich ein… sie führen mich dann zur Rezeption. Der kleinste Junge sagt: „I can speak Englisch!“ und dolometscht ein bisschen. Schließlich kann ich mein Zelt neben drei anderen kleinen Zelten aufbauen: ein Belgier, der ein Jahr unterwegs war und mir gleich von der Mongolei einen Film mit Sehnsuchtsmusik vorspielt und zwei Niederländer, die jetzt über Berlin wieder heimfahren erzählen noch ein bisschen. 138 km zeigt der Tacho. Beachvolleyballfelder und Sandstrand laden zum Lauftraining ein. Das verschiebe ich aber auf den nächsten Morgen.