diese Tage, in denen man sich einfach nichts mit wünscht. Das Baltikum ist ideal zum Radfahren!
Gruß an Alle von der Mittagspause in Dagda:
Der weitere Weg wird auskundschaftet. Heute gerne mal ohne holperige Sandpisten und so fahre ich lieber einen größeren Bogen, die P52. Sie zweigt in Ezernieki nach Osten ab und führt in großem Bogen über Skaune, und ab da nach Norden parallel zur Belarus-Grenze nach Zilupe.
Sogar Radrouten Wegweiser gibt es hier!
Das ist doch echt gut, wird gut und schön zu fahren sein😀…
Es ist eine so einsame Fahrt auf gutem Asphalt, dass ein Auto schon fast als willkommene Abwechslung empfunden wird.
Nach Skaune aber dann das:
Eine unglaubliche Ruhe hier. Ungewöhnlich. Ich fahre zu, immer zu, immer zu. Lange Kilometer ohne irgendwas, nur ein paar Ziegen, Schafe, wenige Kühe, kleine Gehöfte, kaum Menschen, einfach nur in Ruhe dahinfahren, ein fast vergessenes tiefgehendes Erlebnis.
Die Türme einer Basilika tauchen auf – und auch das Ende der unbefestigten Piste. Teerstraße für die letzten Kilometer, die Autobahn nach Moskau wird gequert. Ich könnte noch rüber heute nach Russland, habe aber keine Lust mich unter die Lastwägen zu mischen.
Lieber die paar Extra-Kilometer nach Zilupe rein und hindurch ans letzte Ende des Ortes mit der Jugendherberge. Auch hier, und überhaupt im ganzen Dorf, eine unglaubliche Ruhe. Ist überhaupt jemand da? Aber ja! Ein großes Doppelzimmer mit Tisch und Panoramablick in den Abendhimmel für mich und mein Fahrrad.
Strom gibt’s selbstverständlich auch und ich nutze den Komfort zum Ergänzen meiner bisherigen Berichte mit Fotos. Ein bisschen Wehmut das schöne Baltikum zu verlassen gehört für die letzten Stunden in Lettland auch dazu.
Russland dann …
(Wenn nicht gleich neue Berichte folgen: Ich brauche erst eine neue SIM-KARTE oder WLAN …)
haben ihre eigenen Reize. Doch zunächst ein Abschiedsfoto vom sehr empfehlenswerten Hotel Erfolg mit den Rad-Radständern vor der Tür.
Das Zelt ist getrocknet und auch sonst ist alles bestens. Auf der A13 und A6 raus aus dem interessanten Daugavpils. An der A6 viele Hinweisschilder auf Denkmäler, leider nur auf litauisch. Einem folgen ich dann doch. Nach 800 m eine beeindruckende, leider verschlossene Kirche auf dem einsamen Lande, wie hier oft, nur ein paar kleine Gehöfte außenherum, deren wenige Bewohner die vielen großen Kirchen kaum füllen können. Auch kleine Dörfer mit manchmal fünf Kirchen sind hier nichts Besonderes, man braucht ja für jede Glaubensrichtung eine und so gibt es überall eine ungeheurere Vielfalt.
Zurück muss ich nicht, ich stoße auf ein Parallelsträßchen – und bin damit wieder auf dem EV-11! Guter unbefestigter Weg. Da vorne??!? Ah, ein rotweißes Flatterband – und eine demolierte Brücke!
Wild rauscht der normalerweise kleine Bach:
So extreme Nässe dieses Jahr, die Bauern leiden, auf den Feldern verfault das aufgeschichtete Heu, es gibt noch viele zusätzliche kleine „Seen“.
Das Wetter weiß nicht so recht, was es will, Wolken ziehen, Tropfen fallen, Wind weht von hier und da und nach 47 km ist Kraslava erreichet. Kaffeepause – und der Entschluss heute nicht mehr bis Zilupe zu fahren. So schön hier, ich will nicht so schnell durch Lettland brausen und schaue mir lieber das kleine Landstädtchen mit seinen ca. 9.000 Einwohnern an. Viele touristische Angebote, ein Park, ein Burgberg, jetzt mit dem Schloss der Grafenfamilie Platzer bebaut, erbaut von 1750-1791. Gerade heiratet mal wieder jemand:
…vom Löwen bewacht:
Die Tourist-Info ist gleich nebenan. Ich unterhalte mich mit der dortigen Dame, die ein bisschen Deutsch kann und ihre Gegend schon auf der Touristik-Messe in München vertreten hat, über dies und das. Ja, der Euro-Velo 11 ist ganz neu für sie, es gibt noch keine Karten und sonstige Infos, auch wenn er durch ihre Stadt Kraslava führt. Über andere Touren, auch eine Radtour an der Daugava, habe sie aber was. Diese Route hätte ich schon nutzen können, führt sie doch parallel zur A6!
Mehr Info braucht es! Hinweisschilder! Soll schon noch kommen… Ich danke für das nette Gespräch und weiter geht’s, wenn auch nicht mehr weit. Ein See zum Zelten wäre in 11 km, der Besitzer würde auch deutsch sprechen. Ich halte die Augen offen, sehe aber weder ein Schild, noch den Campingplatz und bin dann schon viel zu weit, in Skaista, wo es in 7 km auch einen gibt. Ein Nebensträßchen führt hin, ich biege ab und fahre frohgemut – und dann das:
„Walter, wo bist du? Hier ist wieder was für Dich…“
Wo Autos durchkommen, kommt der Radfahrer auch durch!
Und dann ist er da: Ein traumhaft schön gelegener Campingplatz am stillen See. Die Boote schaukeln, eine Neumondsichel geht auf … nein, nein, ich will nicht zu romantisch werden, ich mache barfuß noch ein kleines Feierabend Lauftraining mit einigen Sprints auf dem wunderbar weichen Rasen hier, kein einziger Stein, nicht Mal ein Moggl, absolut nichts stört hier den Laufgenuss😍.
Vilnius war wunderbar! Der Regen verzog sich im Laufe des Vormittags, die Sonne kam raus 😊.
So viele grundverschiedene prächtige Kirchen, Bauwerke des Barocks, des Klassizismus, der Gotik und der Renaissance! Die mittelalterliche Stadtstruktur ist auch noch da, enge Altstadtgassen, dazu feine Cafés, der schöne Park, die unabhängige Republik Uzupis … Da kann man sich den ganzen Tag treiben lassen. Unbedingt einen Besuch wert!
Wahrzeichen ist der Gediminas-Turm auf dem 142 m hohen Burgberg.
Die Aussicht von oben dazu:
Ein kleiner Bilderbogen:
Die Ausrufung der unabhängigen Republik Uzupis ist eine Kunstaktion. Man gab sich eine Verfassung, einen Präsidenten, eine Flagge und eine 12 Mann starke Armee, die aber wieder aufgelöst wurde, weil sich UZ als einziges Land der Welt zum völligen Gewaltverzicht verpflichtet hat…mehr
Davor, bis 1990, war Uzupis ein völlig heruntergekommener Stadtteil am Flüsschen Vilnia, zählt jetzt aber zu den begehrtesten Adressen der Stadt.
Schön! Aber ich muss weiterfahren. Am nächsten Morgen noch 1,5 h Lauftraining an der Neris, dem großen Fluss, der an Vilnius vorbeifließt. (Da sind mehr Läufer unterwegs). Die Vilnia ist „nur“ ein kleines romantisches Flüsschen dagegen.
Check Out um 12 Uhr. Baltischer Hering zum Abschluss. Heute ist es nicht weit, gleich zwei Campingplätze in in 60 km Entfernung auf der OSM-Karte eingezeichnet. Also, wenn der eine nix ist…
Die A12 meide ich, ich fahre dem EV-11 nach, dem schon bekannten Euro-Velo 11, der sich quer durch Europa zieht. Habe jetzt Zeit und kann mir den einen oder anderen Zacken erlauben. An der Neris entlang geht’s zuerst, prima zu fahren, sogar die Beschilderung passt, aber nur die ersten km, schade. Habe den Weg aber auf der Handy-OSM-Karte verzeichnet. Nanu, will er denn jetzt hin? Kopfsteingepfasterter Weg, steil in den Wald rauf, mit ansonsten lauter aufgeweichten Wegen, schaut nicht so toll aus. Nee, doch lieber Straße, die hier nur ein Sträßchen ist und sich weiter am Fluss schlängelt, geht auch in die richtige Richtung. Die 60 km sind bald rum, Pabrade am späten Nachmittag erreicht. 5 km zum Campingplatz, aaaber – da steht nur eine Brotzeit-Bank am Fluss. Hhhmmm, dann weiter zum nächsten. Ohh, Sandpiste auf einmal, noch einige wildromantische km, aaaber da ist wieder nur eine … und viele Schnacken! Schnell raus aus dem Wald, Handy konsultiert: In 30 km gibt’s ein Hotel…Nur Mini-Ortschaften davor. Gas geben was das Zeug hält, denn es wird gelegentlich ja auch mal dunkel! Dunkle Wolken hingegen drohen nur, trocken bleibt‘ s immerhin. Noch 10 km, dunkler wird’s, es sind nicht die Regenwolken… da ein Schild mit Hotelzeichen: 1 km, links rein, prima! Bungalow’s im Wald, Licht brennt. Arbeiter sägen fleißig so spät noch, es wird renoviert…Nein, hier kann man übernachten, not possible. Ob ich mein Zelt da hinten aufstellen darf. Hhhmmm. Ich erkläre, was ich mache, überreiche meine Karte. „That’s crazy“, meint der eine. Nach Moskau? „That’s not easy“, sagt der nächste. Aber, also dahinten beim Gate kann ich zelten, und ich hinterlasse doch keinen Abfall? Ok so … Noch mehr Männer werkeln herum und fragen, wer ich bin. Kaum habe ich es mir dann im Zelt bequem gemacht, ruft mich einer, „klopft“ ans Zelt. Er will mir helfen, ob ich hot water brauche oder Trinkwasser, oder sonstwas. Ich bedanke mich, denn ich habe ja alles dabei. Ok, er geht wieder, kommt aber wieder mit einem Teller voller Käsebrote, Tee (sorry, er habe leider keinen Zucker) und was zum Naschen als Nachtisch! Nach einer Stunde ist er nochmal da: Ein Eimer heißes Wasser … Danke, gute Nacht und „See You tomorrow“, sage ich zum Abschied, aber da ist dann niemand zu sehen.
Weiter geht’s. Schöne Landschaft, bunte Häuser…
Der Baustil verrät die Nähe zu Russland. In Svencionys wird von 2015 – 2020 die Kathedrale renoviert.
In Ingalina kreuzt der Eurovolo 11 wieder auf, ohne viele Zacken führt er bis Dagauvpils. Ein Stück ist gestrichelt auf der Karte, das Wegstück ist nicht lang, es wird wohl nicht weiter schlimm sein. Außerdem geht es über einen kleinen reizvollen Grenzübergang nach Lettland. Den nehme ich, die 102 ist grad nicht so schön, zu viel Verkehr.
Mittagspause. Um etwaigen kein-Campingplatz-Überraschungen vorzubeugen buche ich schnell ein Zimmer im Hotel „Erfolg“ in Dagauvpils, empfohlen von Doris und Klaus. Das werden dann zwar 130 km werden, aber das macht nix, es ist noch genug Zeit. Kaum ist sie Buchung bestätigt, da fängt es an zu regnen, zu regnen und zu regnen. Außerdem muss ich mich navigieren lassen, denn beschildert ist der EV-11 hier überhaupt nicht. Das Handy will stur einem anderen, längeren Weg folgen, ich folge stur dem EV-11. Es gießt, unglaublich dicke Tropfen prasseln herab. Pause? Kaffee wäre nett. Wo? Nur Kuhdörfer. Der Handy-Strom reicht auch nicht ewig. Tankstelle!! Steckdose! Kaffee! Polsterbank in der netten Sitzecke! Foto durchs Fenster:
Alles bestens! Extreme Nässe zwar, aber auch Rückenwind. Ich rase, fliege nur so dahin, bin froh über die kleinen Straßen. Wo kaum Autos sind, gibt’s auch keine zusätzlichen Wasserfontänen! Ahhh, ohh, wieder eine Sandpiste. Geht langsamer, aber doch recht gut zu fahren, das „Wellblech“ hält sich in Grenzen. Und jetzt? Das Navi meint: Abzweig versäumt! Aber wo war denn da einer? Paar Meter zurück, ja hier?!?!! Doch, das isser. Der gestrichelte Weg, grasüberwuchert, viele Brennessel, quieschnass, und voller Pfützen sowieso. 2 km schieben oder viele km Sandpistenumweg? Schieben! Hoffentlich komme ich durch! Jaja, der EV-11, da hat wer wohl im vegetatsionsarmen Frühjahr oder Spätherbst die Strecke auskundschaftet? Oder waren die Wegbasteler gar nicht vor Ort. Ab und zu ducke ich mich unter den tiefhängenden Ästen, das Rad passt zum Glück durch. Walter Költsch hätte seine Freude drangehabt, beim Filmen hier, echt verrückt diese Wegführung für einen Fernradreiseweg, der die Leute begeistern soll…Da Wiese, etz geht’s leichter zu schrieben und da vorne ist die Sandpiste wieder. Alles ist relativ, schneller als das Schiebestück ist die allemal, dennoch hier recht holperig, mehr als 10-12 km sind nicht drin… Große Schilder von hinten auf einmal, nanu bin ich schon … ich drehe mich um: Tatsächlich große Tafeln, die anzeigen wer wo in Litauen wie schnell fahren darf. Die Grenze!
Lettland empfängt mich mit extremer Nässe! Und Russland dann mit der Sintflut? Ach Quatsch, nicht überall gibt’s logische Fortsetzungen.
Geradewegs müsste die Straße nun bis Dagauvpils führen, laut EV-11, was meinem Navi nicht gefällt. Im Zickzack will’s mich schicken und noch 24 km wären es. Hoppla, so weit noch? Unlogisch! Wie gesagt, ich fahre stur dem EV-11 nach (aber nur noch heute, weil er jetzt einfach nur noch geradeaus geht, ohne Strichelstrecken). Die Sandpiste hört bald auf, Teerstraße! Radrasen am Tagesende macht süchtig, der Regen trommelt, der Wind weht richtig, ich fliege nur so dahin. Nach 4 km ein Schild: 10 km nur noch! Hach, 27 kmh, manchmal über 30, immer leicht auf und ab. Die große Brücke über die Dauga noch, dann tropfnass und glücklich ins Hotel „Erfolg“! Das war ein Tag!
Daugavpils – hier leben in Folge der ehemaligen sowjetischen Besatzung mehr Russen als Lettländer – ist heute die größte russischsprachige Stadt in der EU, und natürlich von ganz anderem Charakter, wie das zuletzt besuchte, gar nicht so weit entfernte, Vilnius.
Es gießt noch heftig bis zum späten Nachmittag, im Regen gehe ich los.
Sehr beeindruckend ist die 150 ha große Festungsanlage, die einzige des frühen 19. Jh in Osteuropa, die im wesentlichen unverändert erhalten ist, die weltweit letzte im Bastionärasystem erbaute Stadt. Sie war wie eine eigene Stadt, als Ideal einer Stadt in der Stadt, von den besten zaristischen und europäischen Baumeisten geplant. Das Innere glich einer Garnisonsstadt mit Paradeplatz in der Mitte, 10 breiten Straßen, 80 Gebäuden, Grünanlagen etc.
Nach dem Regen spiegelt sich alles:
In den Cafés gibt’s hier auch wunderbare Desserts, Sahne mit Früchten etc. Wie überall auf der Welt erzählen da gereifte Damen einander eifrigst höchst Interessantes, die jüngeren gucken mehr auf ihre Smartphones…
Morgen geht’s weiter, am besten gleich bis Zilupe an der russischen Grenze, vorsichtshalber nicht ganz auf den Spuren des Euro-Velo 11.
war nur ein kurzes Schmeichelzwischenspiel. Zum Beladen des Rades hat es noch gereicht, dann hatte mich der Regen wieder eingefangen, mal mehr, mal weniger, ein neues Schmeichelzwischenspiel – ich zog die Regenjacke aus – und gleich darauf die Fortsetzung. Lustig klatschten die schweren Tropfen, aber weiter schlimm war’s nicht, nur nass. In Alytus saßen dann die Leute unter Dach beim Sonntagsfrühschoppen, Riesenpizza und manchem mehr. Ich dachte an einen Cappuccino, bedankte mich auf Englisch für die mitgebrachte Speisekarte, prompt wurde mir die lituanische wieder genommen und eine mir verständliche gebracht. Eine ausgiebige Einkehr
wurde daraus, dem Regen machte das nichts aus, der machte weiter, ich auch, ich bestellte noch einen Irish-Coffee drauf und stieg wieder auf mein Bike…
Ab Alytus zweigt dann die Hauptroute nach Vilnius auf die A16 ab und der Radfahrer freut sich über ein recht ruhiges Landsträßchen, das immer schmaler zu werden scheint. Holzhäuser, Bauernland – hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Bin ich überhaupt noch richtig? Ja! Schöne Strecke, die 230! Land unter aber auch:
In Rüdiskes beschließe ich dann, dass 100 km Regenfahrt genug sind und biege ab zum 5 km entfernten Campingplatz.
Nach 1 km habe ich eine Sandpiste vor mir, ein Wellblechpiste. Alles hat seine Vorteile, auch der Regen: Nasser Sand fährt sich besser als trockener und so sind auch diese Holperkilometer bald rum.
Der Campingplatz ist bekannt bei Deutschen und Holländern. Wim hat Stifte daliegen zum Beschriften der Holzwände, Trikots von Radfahrern hängen im Pavillon, Rennräder gibt ’s und MTBs, zum kostenlosen Verleih.
Ich soll im Pavillon schlafen, no problem, sagt Wim.
Der Freitag davor ist aber nochmal ein Bilderbuchtag. Klar, ich bin rechtzeitig zum großen Frühstück bei Christin und Bogi wach. Tee zuerst, Brötchen, Marmelade,Honig, Wurst, sowieso, Tomaten, Salzgurken … Die Übersetzungsapp wird bemüht: ob ich Eier will. Zuviel, ich verneine, aber da bringt er einen ganzen großen Eimer voll ! Ökologico wären sie! Die App nochmal: Rühreier oder Spielgeleier … Herzlichster Abschied, Bogi fährt noch bis zum Ortsrand von Sepopol mit, versorgt mich mit Weggfindungshinweisen…
Radfahrers Traum hier: Der Green Velo ist ein neuer, aufwändig ausgebauter Weitwanderradweg durch schöne Landschaft. Hier verläuft er ohne viele Zacken und lässt sich auf breiten gut asphaltierten Trassen fast holperfrei und prima fahren. Oft ist er besser als die Straße nebendran. So bringt man die Leute auf’s Rad! (Später ist es leider manchmal anders, denn der Radfahrer wird durch häufigen Straßenseitenwechsel und arg bremsenden, holprigen, engen (bei Gegenverkehr zuweilen gefährlichen!) Verschwenken bei jeder Einmündung arg ausgebremst – schade, vielleicht kann man das noch besser machen?)
Flottes Dahinflitzen in masurischer Seenlandschaft.
Wegorzewo ist zur Mittagspause erreicht, warmer Wind weht, die Leute baden, trockenes Heu wird eingefahren:
Hügel werden mit Schwung passiert, runter lasse ich es rollen, dann wieder rauf … Der nächste Campingplatz auf direkter Stecke ist erst in Suwalki, Goldap ist mir zu nah. Ich beschließe einen Abstecher in die Seenlandschaft. Auf kleinen Straßen und Wegen, auch mal unbefestigt durch den Wald, aber meistens gut zu fahren ist das doch eine willkommene Abwechslung zur Asphaltraserrei. Mitten in der Prärie der Zeltplatz Lekuk Maly auf einem alten Landgut – die Wände des Waschhauses sind fast einen Meter dick, die Duschen 1a und sehr sauber – samt einem Hotel mit Seeblickterrasse und hölzern eingefassten Badebecken mit Sandstrand und eifrig buddelnden oder mit hoteleigenen Schaufelladern baggerden Kindern. Abenddämmerungsschoppen auf der Terrasse!
Vollkommen trocken auch der Samstagmorgen. So macht das Zelten Spaß! Los geht’s, lange Tour heute, bis weit hinein nach Litauen! Wenn’s kitschig werden soll: Sanft gewellte Hügel, saftig-sattgrüne Wiesen, zusammengerollte Heuräder, goldbraun schimmernde Stoppelfelder im Sonnenschein und Sommerwind… aber so isses echt. Kaffeepause mit Apfelkuchen beim besten Bäcker in Olecko! Ungeachtet anderer Wegweisungen fahre ich in solchen Orten immer ins Centrum, das hat sich bewährt! Stück zurück macht nichts, dafür sieht man was …
Suwalki im Sommerkleid! Hier bin ich wieder! Weißbedeckt war der weitläufig Park mit der weißen Klosterkirche damals vor vier Jahren…
Nach Kaunas auf der Autobahn sind wir da weitergeradelt, lieber will ich diesmal kleinere Straßen fahren, ich will nach Vilnius.
Sejney ist die nächste Station auf dem polnischen Jakobsweg
und auch für mich. Nanu, dunkle Wolken, dicke Tropfen, als ich wieder aus der Klosterkirche trete. Da wo ich hin will, ich es aber noch hell, also reintreten was geht! Der Rückenwind gut sein übriges und tatsächlich, ich entkomme diesem Wetter wieder! Aaach, eine Baustelle, 6 km Zacken nach Süden runter und wieder rauf, jetzt hat er mich doch der Regen! Solarzelle eingepackt!
Regenjacke raus…Ein Guss klatscht hernieder, aber es kommt kein Gewitter. Ein zaghafter Blitz, ein kleines Donnerchen, ein bisschen Landregen noch, so erreiche ich Litauen.
152 km zeigt der Tacho am Ende beim Zeltplatz im kleinen Dorf Silaiciai, umgeben von Seen auch hier bei Seirijai. Kaum bin ich da, kommt schon jemand. Zelten möchte ich, er guckt etwas, kann weder Deutsch noch Englisch. Aber ein paar Brocken reichen, camping und tent versteht jeder. Ich soll mitkommen, er nimmt einen Stift, also: 5€ pro Person + 2€ für’s Zelt…aber das scheint ihm nicht zu gefallen, er sucht eine Liste, ahh, da steht’s: Bungalow 11€, ob ich den will, alles so nass … Na klar!
… auf der OSM-Map sind eine feine Sache, dazu das Navi, das weiß, wie weit es dahin noch ist. Manchmal gibt’s länger keinen, dann kann man an der Route basteln, bis es passt…
Aber der Reihe nach! An der Ostsee möchte ich noch einen Tag bleiben, bin die sechs Tage vor Danzig 875 km gefahren, da ist ein kürzer Tag schon mal drin. Also heute (Mittwoch, 16.8.) nur 45 km nach Krynica Morska – und dann mit der Fähre rüber nach Fromborg (Frauenberg). Immer an der Ostsee entlang immer weiter nach Osten! Der Weichselzufluss, 33 km vor Krynica Morska, wird mit einer besonderen Fähre gequert: Die hat überhaupt keinen Motor und ist auch keine Seilfähre, sondern ein Beischiff wird seitlich angekuppelt. Das Ganze schaut dann so aus:
Salzburger mit schwer bepackten Rädern sind auch da: „Wladimir, wo ist denn das…“ Ich wollte eigentlich nur wissen, ob sie wissen wie das mit der Fähre ist, hab nur im Internet gefunden, dass was fährt und nix, ob die Fahrkarten vorbestellt werden müssen…Das bleibt aber ungeklärt. Wenn’s nicht klappt, muss wieder zurück und außenrum, was zusammen an die 100 km ausmachen dürfte…
Die schmale Straße ist dann leider dicht befahren, dabei ist das doch eine Euro-Velo-Route… Ein Auto hinter dem anderen und kein Radweg. Aber die 33 km sind abwechslungreich und schnell rum. Ein Fischgeschäft unterwegs hat Dutzende Arten von Fischen, auch Räucherfisch. Eine Flunder nehme ich, und einen Fischsalat dazu als Pausenmahl.
Das beliebte Seebad (Rummel mit allem Drum und Dran, aber auch schöne Ecken) liegt auf einem schmalen Landstreifen, der sogenannten Frischen Nehrung, die die Baltische See vom Frischen Haff trennt, siehe Karte, ähnlich wie die berühmtere Kurdische Nehrung weiter nördlich, die man aber von hier nicht direkt besuchen kann, da das dazwischen liegende Gebiet um Kaliningrad bekanntlich zu Russland gehört.
Das mit der Fähre klärt sich dann recht schnell, es gibt sogar zwei: Anita oder Monika, das ist hier die Frage. Schönheit hin oder her, ich nehme die frühere, morgen früh um halb zehn, Ankunft um elf.
Für heute noch ein ca. 10 km langer Strandlauf zwischen aufgeregten Möwen und anderem Publikum. Wilder Wind weht, es wird immer dunkler und wieder heller.
Bis endlich die Blitze zucken, bin ich längst wieder in meinem Zelt auf dem kleinen familiären Campingplatz mit der netten Besitzerin, unweit des Fährhafens.
Blick zurück nach Krynica Morska am nächsten Morgen:
Und voraus nach Fromborg:
Die Radfahrt am nächsten Tag ist dann so schön ruhig und idyllisch, wie man es gerne hat, wieder auf kleinen Straßen durch kleine Dörfer…
Dort wo der tip-top markierte und bestens ausgebaute Radwanderweg „Green Velo“ die Route rangiert, fährt man meistens auf vorbildlichen Radwegen. Der „Green Velo“ hat aber unendlich viele Zacken und Ecken, so dass ich ihn leider nicht komplett nehmen kann, sonst komme ich zu spät an. Die Landstraßenroute ist aber auch super, hügelig zwar und immer wieder mal auch holperig, aber das macht weiter nicht wirklich was. Nach 114 km bin ich am anvisierten Campingplatz, der einzige auf meiner Karte weit und breit, für den ich die Route etwas angepasst habe. Erst in ca. 60 km kommt der nächste. Am Fluss soll er liegen, beim Sportheim geht’s runter. Bänke, Tische, eine Hütte, Lagerfeuerstelle, aber kein Zelt … ich gucke, wen ich da fragen kann, aber schon hat mich einer entdeckt, steigt aus dem Auto aus und kommt die Böschung herunter. Nee, hier wär kein Zeltplatz, kein Wasser, keine Dusche … Ob ich den nicht bitte bitte eine Nacht, ich breche auch morgen ganz früh wieder auf…Hhhmmm, nee geht nicht, aber da oben, da wäre sein Haus… Mitkommen soll ich, zu ihm und seiner Frau…Im Garten campen lässt er mich dann auch nicht, oh nein, ein Zimmer muss/ darf ich nehmen, eine Dusche, Bier, Essen, Cappuccino, selbstgebrannten Polnischen Wodka! Prost! Nur die Verständigung ist nicht ganz einfach, einen deutschsprechenden Freund ruft er zum Dolmetschen an und drückt mir sein Handy auf’s Ohr… Visitenkarten tauschen wir – er ist Ingenieur, Architekt. Einen deutschsprachigen Beitrag im Internet über Ostpreußen und Sepopol, so heißt der schöne Ort hier, zeigt er mir … noch ein Glas Selbstgebrannten?!! Soviel Gastfreundschaft! Morgen um 7 Uhr gibt’s Frühstück, denn er muss wo hin. Hoffentlich erwache ich rechtzeitig!
Noch gut 200 km bis Danzig! Heute nochmal eine lange Etappe: 137 km von dem wunderbaen Zeltplatz Splywaj z Krolem bei Krajenka (siehe www.ukrola.com.pl) bis Koscierzyna. Die Sonne scheint, die Solarzelle auf dem Gepäckträger lädt Lampe und Akkus. Zuerst über Czluchow und Chojnice, wo die Pause geplant ist.
Prima zu fahren, aber dann bremst ein Baustellenschild aus. Langer Umweg auf schmalen Sträßchen mit der Autokolonne? Lieber Lotteriespiel mit Sackgasse Risiko!? Autos kommen aus dem gesperrten Stück… ich riskiere…bisschen Sandpiste, nix gegen das in Afrika, in kürzeren Zwischenstücken ist die Straße, die offenbar neu geteert werden soll, noch unversehrt und ich freue mich über die autofreie Piste. Ollala, jetzt wieder ein heftiges holpriges Stück! Nebenan baut man an einem gepflasterten Radweg, leider wird er wieder zu schmal sein, und viel hügeliger als die Straße…
Schade, so viel Aufwand… ein breiter geteert Radweg wäre doch besser zu befahren und billiger?
15-20 km abwechslungsreiches Fahren – immer wieder mit guten Stücken drin – kommen so zusammen und das Ganze dauert natürlich etwas länger. Unterwegs immer wieder andere Dorfkirchen:
In Czluchow lockt ein Eis im bunten Leutetreiben, in Chojnice sitzt man fröhlich und laut gestkulierend beim Bier – die Zeit läuft, ich setze mich trotzdem dazu, das darf auch sein, das passt schon noch!
Danach frisch und erholt wieder so eine Feierabendrasefahrt, das sind oft die schönsten!
Bei Sonnenuntergang Zelt aufstellen diesmal auf einer großen Anlage, wie immer an einem der zahlreichen Seen. Im Hotel feiert man eine Hochzeit, am Vorabend von Maria Himmelfahrt. Musik spielt auf, hoch oben im 3.Stock, das Publikum formiert sich zur Polonaise und zieht an den Panoramafenstern vorbei. Ilummienierte Lichtspiele auf dem See – und um 22 Uhr kracht und schießt es: ein Feierfeuerwerk!
Ruhig liegt der See am nächsten Morgen da, die Boote schaukeln im Wasser, noch badet niemand im großen Basin.
Ich laufe ein bisschen, schreibe für den Blog „Biken in Polen“ und komme erst gegen Mittag los. Schöne breite Radwege gibt’s auf einmal! Aaaaaber da hat offenbar ein Sturm gewütet: Wahnsinn, 60-70 km lang viele umgeknickte und entwurzelte Bäume – auf dem Radweg liegen sie, kein Durchkommen…(die Straße ist frei).
Männer sind allennorts am Sägen und laden sich bestes Kernholz auf ihre Anhänger. Später erfahre ich, dass der große Sturm auch hier am Samstag gewesen sein muss, als ich so nass in den Klosterhof von Kloster Neuzelle flüchtete.
Halb fünf dann in Danzig. Ein direkter Radweg ins Zentrum, in die Altstadt?? Ich frage, Kopfschütteln, nee hier nicht. Allenorts fehlen solche Hinweise, schade, denn Wege gibt es schon. Nach einem guten Stücke rasen dann viele Radler an einem Kanal entlang. Also auch da rauf, mit Schwung die Erdspur hoch… Gut so! Danzigs Türme rücken näher. Die Fußgänger werden mehr und tauchen mit einer Treppe unter Schienen und Schnellstraße in die Altstadt durch. Und ich? Hhhmmm, keine Radrampe, keine Brücke, dafür Baustellen ohne Ende…Legal hat der Radfahrer hier keine Chance. Nach bisschen Suchen finde doch noch einen ungefährlichen Weg rüber! Hurra, ich bin drüben und drinnen. Alles geht! Biermix am Stadttor mundet!
Ein Paar spricht mich an: „Er hat Sie schon vom weitem erspäht!“, sagt sie. „Er“ ist Radrennfahrer, kommt aus München und fährt Dinger über 2200 km im Rennen, das ist auch was!! Dagegen ist Reiseradeln doch sehr gemütlich! Treiben lasse ich mich nun vergnügt und genussvoll durch die Altstadt: Musiker, was Essen, Gucken und Schauen,
dann wieder ein paar Abenddämmerungskilometer zur Ostsee und – da bin ich ja schon nah am Campingplatzplatz! Eine Klappbrücke an Wisla-Mündung ins Meer. Es klappert und scheppert ärgstens, wenn die Autos über die großen Eisenplatten in der Mitte der Fahrbahn rollen. Der Rad- und Fußweg ist auch nicht ohne… Tolle Abendstimmung! Um die Ecke, aha, hier rein, meint meine OSM-Karte mit den Radwegen drauf, eine schöne blaue Radmarkierung ist auch da. Nicht mehr weit … ah hhhmmm, nochmal Platten, ein Sandweg… ich steige ab und jogge radschiebend. wann kommt der Campingplatz? Das geht noch kilometerlang so zu, soll wohl so sein, damit ich das Lauftraining nicht vergesse😀…blöde Schnaken, aber sonst macht’s eigentlich schon Spass! Etwas zerstochen und glücklich nehmen mich die Männer an der Rezeption lachend in Empfang. Noch ein Gang zum Meer bei Sternenhimmel mit kühlem Sand unter den Füßen, so geht dieser Tag zu Ende.
Sonntagmorgen, kleiner Sandstrandlauf und etwas Lauf-ABC vor dem Frühstück, Zusammenpacken und weiter geht’s. Mein Kleingeld habe ich am Campingplatz gelassen (17 Zltoty – 4,2 Zloty sind ca. 1€). Große Scheine sind nix für kleine Dorfläden, die es hier zahlreich gibt und auch am Sonntag lange aufhaben. Eine idyllisch gelegene Tankstelle mit Kaffeeausschank samt Rastbänken und Blick auf hohe ungemähte Blumenwiesen, deren Gräser sanft im Wind schaukeln, löst das Problem. Lächeld macht die junge blonde Polin aus meinem großen Schein genügend kleine und schenkt frischen Kaffee ein. Diese Nebenstrecke nach Pila, parallel zur stark befahrenen 22, ist schön mit vielen, ja fast unterbrochenen urigen alten Alleen. In den Dörfern halten sich viele noch Kleinvieh; Hähne krähen, Hunde bellen, Ziegen meckern (über was nur?), ein Tal mit gewundenen Sträßchen, Fluss und Flüsschen und Eisenbahnlinie, alles noch ein bisschen ursprünglicher als bei uns, manchmal für den Radfahrer etwas zu ursprünglich. Gepflasterte Ortsdurchfahrten, mit Pflaster manchmal von der allerbesten alten Sorte, versteht sich. Daneben alternativ auf dem sattgrünen Grasstreifen eine MTB-Spur…Was nehmer denn?! Beides abwechselnd probieren …
Aber das macht gesamtstreckenmäßig nur wenig aus, ist eher witzig. Meistens geht’s flott voran und gut zu fahren, oft auch auf neu geteerten 1a-Straßen, die aber auch die Autos rasen lassen.
Tja, und viele viele Radwegschilder gibt’s hier! Die Radfahrer sollen offenbar runter von der Straße. In jedem Ort soll man mit dem Bike auf dem gepflasterten oder Plattengesteig fahren, der auch noch oft die Straßenseite wechselt. Ich mag aber nicht so herumeiern, zumal fast kein Verkehr ist. Ich bin doch nicht die Eierfrau! Niemand beschwert sich, dass ich auf der Straße fahre, keiner hupt, die meisten machen ein großen Bogen um mein Fahrrad. Ob das an meiner Warnweste liegt? Dann gibt es wieder breite supergeteerte Radwege, die ich natürlich gerne benutze. Also liebe Straßenverkehrsplaner, sorgt bitte für gute Radweg, die praktikabel zu befahrenen sind, dann fahren mehr Leute gerne mit dem Rad … Der Gipfel der Radfahrerabschreckung sind Radverbotsschilder auf neuer aalglatter schönster Straße, wo es leicht und flott und holperfrei bergab zu rollen ginge und der liebe Radfahrer doch bitteschön den Holperweg mit den Fußgängern teilen soll. Da bin ich lieber lieb zu den Fußgängern und klingle sie nicht weg beim Sonntagsnachmittagspaziergang..
In Pila dann Spätnachmittagspause im modernen Bistro, wo das bepackte Rad gut zu beobachten ist. Gemüsetarte dazu ist mir grad lieber als Kuchen. Mit neuen Kräften dann 26 km Tagesend-Rasefahrt zum Campingplatz bei Krajenka. Die Navigation ab Ortsende führt über eine Sandpiste. Hoffentlich ist da was, es ist schon fast 20 Uhr! Aha, ein Schild auf polnisch, aber ohne Zeltsymbol. Ich biege ein: Ein Haus, ein Hütte, Kanus, Lagerfeuerstelle, Apfelbaum und Wäscheleine, keine Zelte… da, ein Mann und eine Frau! Ja, da kann ich campen!
Die Tochter, die Englisch kann, wird zum Dolmetschen herbeigeholt. Hier ist die Küche…ob ich Duschen will? Der Mann wirft Holzscheite in den Ofen für warmes Wasser.
Holz darf ich auch nehmen für’s Lagerfeuer…ja und woher und wohin denn?? Neugierige Blicke auf Tacho und Karte. Ich erzähle, auch die Afrikatour und der geplante Halbmarathon am Ende der Reise stoßen auf Begeisterung… Später fragt sie, wann ich morgen wegfahre, ob ich einverstanden wäre, eine Journalistin würde gerne in der Frühe kommen, so um 8.00 – 8.30 Uhr…. Ich mache mir einen Kaffee, ein Junge hat das Lagerfeuer entfacht – was für ein wunderbarer Tagesausklamg.
Um 7.30 ist die Dame dann schon da und interviewt begeistert mit Micro. Am Schluss umarmen wir uns. Sie will mir dem Bericht schicken – siehe unten!
Ein Abschiedsfoto noch mit den lieben Campingplatzbesitzern, die auch Bootstouren veranstalten. Da würde ich gerne nochmal kommen, das war das bisher absolut beste Quartier auf der Reise!
Klaudia ließ mir jetzt auch ihren Bericht zukommen; Peter Steger hat ihn dankenswerterweise aus dem polnischen übersetzt, here it is:
Königliche Begegnungen
Wasoszki ist Haltestelle für viele Fahrradfreunde. Diesmal war bei uns Gertrud Härer zu Gast, die mit dem Fahrrad von Deutschland nach Russland unterwegs ist.
Gertrud am Montagmorgen in Wasoszki kurz vor der Abreise zur nächsten Etappe
Foto: Klaudia Siekanska
Am Sonntag spät abends ruft mich Piot Król aus Wasoszki an und berichtet mir, dass bei ihm die nächste „positiv durchgedrehte Person“ angekommen sei, denn zwei Tage vorher hatte er mich mit Karol Dzieciatko bekannt gemacht, der von Amerika nach Schweden durch Polen gelaufen ist. Diesmal war es ein Gast von der westlichen Grenze, Gertrud Härer, die mit dem Fahrrad von ihrer Heimatstadt, Erlangen, bis nach Wladimir in Russland unterwegs ist. Frau Gertrud treffen wir am Montagfrüh nach ihrer Übernachtung im Zelt. Um 07,30 Uhr war sie schon bereitet zur Weiterreise. Sie plant, in den nächsten zwei Tagen die Strecke von Wasoszki bis nach Danzig zu schaffen. Am 14. August hat sie vor, die Gegend von Chojnice zu erreichen. Auf Ihrem Blog, den sie jeden Tag aktualisiert, kann man ihre Reiseroute verfolgen. Wir haben festgestellt, dass ihr alles gelungen ist, wie sie es geplant hatte. So hat sie am 15. August die Sandstrände der Ostsee erreicht. In ihrer Internetberichterstattung fehlt auch nicht die Schilderung ihrer Eindrücke von der Begegnung in Wasoszki. Das Dorfklima und die natürliche Umgebung haben ihr sehr gefallen. Auf die Frage über ihre Eindrücke, wie man sich in Polen mit dem Fahrrad bewegen kann, gab sie zur Antwort, dass sie sich sehr sicher fühle. Sie kümmere sich um alles selbst und trage auch immer die reflektierende Sicherheitsjacke. Über den Zustand der Straßen hat sie sich nicht beklagt, berichtete vielmehr über die schönen Landschaften und die Hilfsbereitschaft der Menschen. Mehr Angst hatte sie in Afrika, wo sie im letzten Jahr mit dem Fahrrad unterwegs war. Dort haben die Einheimischen nicht positiv auf eine alleinreisende weiße Frau reagiert.
Für die Radfahrerin ist die Reise nach Wladimir nicht die erste. Sie hat diese Strecke bereits im Jahr 2013 einmal bewältigt. Damals machte sie aber in der Gemeinde Krajenka keine Station. Frau Gertrud liebt sportliche Aktivitäten. In ihrer Heimat ist sie als Läuferin bekannt. Die Marathondistanz macht auf sie keinen großen Eindruck. Sie will sich aber auch nicht überanstrengen, denn sie meint, der Sport soll für den Menschen angenehm sein und keine eine Anstrengung. Unsere Gesprächspartnerin ist eine Person, die bestimmt schon sehr viel erlebt hat, aber ihr Alter will sie nicht verraten. Sie bekennt jedoch, dass die Liebe zum Sport ihren Körper noch nicht enttäuscht hat. Sie ist so voller Optimismus, dass ihr Lächeln während des Gesprächs nicht von ihrem Gesicht verschwindet. Sie rät aber unerfahrenen Menschen ab, solche Abenteuer zu unternehmen. Sie empfiehlt die eigenen Schwächen zu überschreiten und die eigenen Grenzen kennenzulernen. Sie meint, der Mensch könne sich durch solche Reisen selbst kennenlernen kann und so ein unschätzbares Wissen über sich selbst erwerben.
Am Freitagmorgen den weitläufigen Landschaftspark vom Fürst von Pückler-Muskau in Bad Muskau besucht, beiderseits der Neiße und in beiden Ländern. Da könnte man den ganzen Tag verbringen. Malerisch ist die Flusslandschaft mit Brücken, Gartenanlagen und Bauten harmonisch in den Park integriert, er erscheint wie natürlich gewachsen.
Durch schöne Auenlandschaft verläuft auch der Radweg, oft fährt man oben auf dem Neißedamm. Kaum ein Ort auf der Strecke, erst nach ca. 30 km wird mit Forst – hier ist der auch beim Vorbeifahren beeindruckende Ostdeutsche Rosengarten mit über 40.000 Rosenstöcken und jährlichem Festival der tausend Lichter – wieder eine Kleinstadt durchfahren. Forst (Lausitz) wurde, wegen dem vom Mittelalter bis in die Neuzeit bedeutendem Tuchmacherhandwerk, auch das “ deutsche Manchester“ genannt.
Weiter nach Guben, bekannt für seine Wollfilzhüte. 10 Mio. Hüte im Jahr wurden vor dem 2. WK in alle Welt exportiert. Gubin, die polnische Schwesterstadt, hat eine sehenswerte Ruine der im 14. Jh. erbauten Stadt- und Hauptkirche zu bieten, die nun durch einen Förderverein gerettet werden soll.
Noch 30-40 km will ich fahren, es regnet ein bisschen, dann wieder mehr und weniger. Aber auf einmal werde n die Tropfen im dicker, es klatscht und prasselt – und jetzt auch noch eine lange Umleitung wegen Reparatur des Dammes!
Die Neiße hat sich auch gerade verabschiedet, sie wurde von der Oder eingesammelt. Die ersten Blitze zucken. Auf der Umwegstrecke ein Schild: 2 km Kloster Neuzelle, mit Campingmöglichkeit! Ich trete wie verrückt in die Pedale, das sind lange 2 km. Da, das Kloster ist vor mir, aber wo ist der Eingang? Da, der Garteneingang, Rasefahrt in den menschenleeren Klostergarten, auf der anderen Seite wieder raus und noch dreimal ums Eck, dann kann ich mich endlich tropfnass unter die Arcaden vor der Klosterkirche retten. Endlich im Trockenen! Fein gekleidetes Publikum eilt zu einem Fest. Eine andere Radfahrerin weiß wo der Zeltplatz ist, ein kleiner privater. Es gewittert, die Blitze zucken, bis 23 Uhr soll das andauern, sagt sie… Nach einer Stunde vor der Klosterkirche sitzen und gucken, hört der Regen auf. Prima! Zelt aufbauen und ein bisschen rumspazieren. Am nächsten Morgen ist nur noch hohe Luftfeuchtigkeit. Der Besitzer fragt, ob ich einen Kaffee möchte und ein Brötchen, und was für eines? Das bestellte Wütstbrötchen ist dann ein Riesenteller mit Wurst- und Käsebrötchen, Paprika, Gurken, Dill … Was was es denn koste? 3€ Aufpreis zur Übernachtung meint er: „dann isses jut“.
Drei Ziegen hat er, ein Riesenfisch und viele kleine im großen Teich – und einen Privatfriedhof … scho a weng skurril!
Gut, dass die Baustelle da war, sonst wäre ich weiter auf dem schutzlosen Damm dahingebraust. Es kommt noch eine Baustelle, die Bundesstraße ist gesperrt. Geht der Radweg durch? 5 km Sackgasse riskieren? Ja! Ich habe Glück. Fast 10 km autofreie Schnellstrecke. Schön hier!
Bisschen rumgucken in Frankfurt/Oder, die Plastik vor der Europa-Universität bewundern,
ebenso wie mächtige Baudenkmäler norddeutscher Backsteingotik und dann nach dem Schreiben dieser Zeilen beim Mittagskaffee samt Zwetschgen- und Apfelkuchen entgültig über Küstrin bzw. Kostryzn hinüber nach Polen!
Bis zur Grenze geht es fast immer am Radweg etwas unterhalb des Oderdammes entlang. Man kann den Damm ab und zu hochfahren und einen Überblick über die wundervolle Auenlandschaft gewinnen, muss aber immer wieder runter, denn oben und jenseits des Dammes gibt es nur geheimnisvoll aussehende Wanderwege. Ein andern Mal …, heute nur schnelles, und dabei fast müheloses Dahinfliegen auf dem Tria-Aero-Lenker.
Küstrin-Kietz soll eher unspektakulär sein, also gleich rüber über den mit Holzbohlen belegten Radweg der Grenzbrücke. Wie das wackelt, besonders wenn ein Auto nebendran vorbeifährt!! Hält das denn?! Ich bleibe trotzdem stehen und riskiere ein Foto.
Im polnischen Kostryn bestaune ich die Ruinen der großzügigen, einst modernen Brandenburg-Preußischen Festungen, das war wahrlich eine wehrhafte Bastion! Ein Brautpaar lässt sich an der dicken Mauer dort oben gerade mit Blick auf die Warthemündung und viele Boote fotografieren.
Schon nach 17 Uhr, Zeit zum Weiterfahren! Nach Gorzow Wlkp. sind es noch 44 km, dann noch 16 zum Campingplatz. In der Abenddämmerung komme ich an und gucke ein bisschen in den See, um die schöne Abendstimmung zu genießen, und schon kommen vier munter herumhüpfende Kinder und reden auf polnisch auf mich ein… sie führen mich dann zur Rezeption. Der kleinste Junge sagt: „I can speak Englisch!“ und dolometscht ein bisschen. Schließlich kann ich mein Zelt neben drei anderen kleinen Zelten aufbauen: ein Belgier, der ein Jahr unterwegs war und mir gleich von der Mongolei einen Film mit Sehnsuchtsmusik vorspielt und zwei Niederländer, die jetzt über Berlin wieder heimfahren erzählen noch ein bisschen. 138 km zeigt der Tacho. Beachvolleyballfelder und Sandstrand laden zum Lauftraining ein. Das verschiebe ich aber auf den nächsten Morgen.
Ganz schnell ein kleiner Gruß aus Jablonne, nahe der deutschen Grenze, nahe am Oder-Neiße-Radweg, von dort, wo wir vor vier Jahren Ende März mit ein dicken Neuschneeauflage aufgewacht sind … Weiterhin bestes Wetter und angenehmes Fahren in der Morgenkühle. Jetzt geht’s übers Zittauer Gebirge …
Nanu hier ist die Straße aber nass…
Zittau, Kloster Marienthal mit der Klosterkirche, die unbedingt einen Besuch lohnt, die Obermühle vor Görlitz,
wo wir vor vier Jahren bei gefühlten Null Grad im ungeheizten Schlafsack übernachtet haben, wo wir in frölicher Runde beim selbstgebrauten Bier saßen, und schließlich Görlitz mit seinen über 4000 historischen Bauten – überall komme ich wieder vorbei. Und überall sind die Wege nass, sind große Pfützen, Ästchen und Zweige auf den Waldwegen … ich frage …ja, hier hat gestern ein ziemlicbes Unwetter getobt! Gut, dass ich noch nicht so weit war. Bin vollkommen trocken geblieben und bleibe es auch an diesem Donnestag. Flott geht’s weiter an der Neiße. Versteckte Dorfkirchen tauchen aus dem Nichts auf:
141 km zeigt der Tageszähler, da kommt ein Schild: Zelten im Freibad… wunderbar, eine große Sportanlage mit allem Drum und Dran. Junge Männer bereiten gerade das „Gaudi-Schanzen-Springen im FFZ“ vor. Ich frage, ja hier bin ich richtig, 5€ in die eingemauerte Kasse werfen, Duschen etc. alles dabei! Getränke kann er mir auch anbieten, der Bäcker sei da vorne …
Alles da, außer Wlan, nicht mal ein Handy-Netz …
11 km bis Bad Muskau, es tröpfelt nur ein wenig (Freitag, 11.8. – 10.15 Uhr).