The very last act: Lusaka und der Rest der Reise

Nun, die Haupt- und Flughafenstadt Sambias hat zwar 1,4 Mio. Einwohner und ist auch das wirtschaftliche und politische Zentrum Sambias, hat aber nicht besonders viel an Sehenswürdigkeiten oder gar historischen Gebäuden zu bieten, wie man das bei uns gewohnt ist. Die großen Städte Afrikas sind generell viel jünger als die europäischen. Lusaka wurde 1905 von europäischen Siedlern gegründet und das Land Sambia, das ehemalige Nordrhodesien, ist erst seit 1964 unabhängig und frei von britischer Kolonialherrschaft.

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Das Gebäude hinter dem Freiheitsdenkmal, auf dem Bild oben, beherbergt den Regierungssitz und auch das Lusaka National Museum, das archäologische Exponate seit der Steinzeit bietet und die Kultur des ländlichen Lebens lebensgroß nachstellt: Hütte und Herd, Haustiere, Ackerbau, Fischfang, Jagd usw. Die Geschichte des 20. Jh. samt vieler Dokumente fehlt natürlich auch nicht.
Interessanter aber fand ich die große Ausstellung zeitgenössischer Kunst: Skulpturen und Gemälde – afrikanische Kunst der letzten Jahre. Wenn man, wie ich, wochenlang durch Afrika Rad gefahren ist, Afrika hautnah erlebt hat und dann die Szenarien der Gemälde betrachtet, die die Leute auf dem Land bei ihren alltäglichen Beschäftigungen zeigen, sagt man sich: Ja, genauso ist es, der Künstler hat die Atmosphäre, das Typische, echt gut getroffen! Auch Abstraktes war dabei. Leider durfte man aber nicht fotografieren.

Ansonsten geht es um das Zentrum herum recht quirlig zu: Lebendiges lautstarkes Treiben, riesengroße Flächen für Kleinhändler jeder Art; es gibt alles, auch Altmaterialien jeder Art werden aufgekauft und verwertet, z.B. schneidet man alte LKW-Schläuche in Streifen, um daraus Riemen für Schuhe oder Taschen zu gewinnen. Plastik wird ebenso in Streifen geschnitten und Taschen daraus geflochten usw. usw.
Schuhe und Kleider gibt’s ohne Ende, man kennt das ja. Die vier Damen, hier vornedran, haben ihren Spaß beim Auswählen:

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Aber ich brauchte was Anderes. Und eigentlich war ich gar nicht so scharf auf den Markt. Das Radgeschäft, das da sein soll, wie man mir in unserer übrigens sehr empfehlenswerten Backpackerunterkunft (Wanderers, Ecke Addis Abeba Road/Lagos Road) sagte, führte mich hierher.
Nach fünfmal Durchfragen fand ich es. Weit über 20 afrikanische Räder vor der Tür ließen auf eine Radschachtel hoffen:

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Jawohl, ich wollte so ein Desaster wie beim Hinflug vermeiden und das Rad schön verpackt und problemlos aufgeben. Ungelöst war allerdings auch noch das Problem wie eine solche Riesenradschachtel per Rad zum 20 km entfernten Flughafen zu transportieren sei. Ein Taxi bloß wegen der blöden Schachtel?? Nee, keine Lust!

Nein Schachteln hätten sie nicht, enttäuscht mich der ebenfalls enttäuschte Verkäufer, der lieber ein Rad verkauft hätte. Im Geschäft nebenan stehen Schachteln. Ja, es gäbe auch größere, und mit einer Portion gefalteter Boxen auf dem Kopf und mit mir im Schlepptau bahnt sich der Mann einen ganzen Kilometer durch das Marktstand- und Basargewühl … aha, jetzt sind wir endlich da und hier wird er seine Ware gegen Bares los!
Der Schachtelhändler bietet mir mehrfach gebrauchte, relativ große Pappbehältnisse an. Reichen mir drei Stück, um mit einem Kilometer Klebeband eine große draus zu basteln?? Ich nehme besser vier. Sorgfältig werden sie zusammengeschnürt. Haben ein ganz schönes Gewicht, die Dinger! Ich nehme sie, wie hierzulande üblich, auf den Kopf. Das geht schon, aber es geht auch gar nicht, denn gleich bieten sich mehrere Einheimische an, mir das zu tragen. Das fehlt mir grad noch … Nun ja, eine weiße Frau läuft schon selten genug hier rum und jetzt auch noch … nee, das geht nicht. Außerdem verrutscht die Schnur, das Paket hält nicht …
Hhhhmmm. Aber es gibt für fast alles eine Lösung! Eine große Plastiktasche! Eifrig faltet mir der Junge mit einigem Kraftaufwand den ganzen Pappsalat noch ein bisschen kleiner zusammen. Passt! Passt tatsächlich ganz hinein! Sogar der Reißverschluss geht zu! So, und auf den Gepäckträger passt das sicher auch und ich kann damit zum Flughafen radeln ;-))
Zuvor geht‘ s aber durch urige Alleen zurück zum Backpacker:

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Andere Frauen tragen auch was, und nicht nur ein was:

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Und diese beiden Damen haben anscheinend ihre Mandarinen und Bananen vollständig verkauft? Aber die Schieflage? Auf jeden Fall befindet sich alles im Gleichgewicht ohne irgendeinen Fall:

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Wie auch immer, auch ich trag das Meine auf meine Art.
Voll bepackt schaut das Rad dann so aus (Foto: Peter Smolka):
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Tja, man ahnt es, leider heißt es nun Abschied nehmen, einmal muss es sein. Einen Kaffee gibt’s noch, dann das Zelt gar abbauen … (Fotos: Peter Smolka):

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Ja, es waren wunderbare, erlebnisreiche Wochen, die ich bestimmt nie vergesse!
Einen besonderen, großen und herzlichen Dank an Peter, dass ich mit ihm fahren durfte!
Weiterhin gute Reise, viel Glück und schöne Begegnungen und Erlebnisse für Dich, Peter, und alles alles Gute!

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Ein bisschen wehmütig, ich will nicht so recht fort, geht’s ab zum Flughafen. Mit zweieinhalb Schachteln mache ich mein treues Fahrgerät samt Gepäck in eineinhalb Stunden airlinetauglich. Am Check-in-Schalter dann nochmal ein paar bange Minuten: Ob das ein Fahrrad wäre, ob das ein normales Rad wäre („It’s so big!“), ob ich weiß, was das wiegt … Dann verschwindet die Lady eine geschlagene Viertelstunde mit meinem Pass! Oh, oh das wird was werden!?!
Aber es geht alles gut! Das Bike wird gewogen, macht mit Schlössern und Verpackung 22,xx kg und ist wohl im Rahmen des Gepäckhöchstfreigewichtes von 23 kg, denn es gibt noch eine angenehme Überraschung: Kosten tut’s nichts, jedenfalls verlangt die Dame nichts!! ;-)) Zwei „fragile“- Aufkleber kommen noch drauf, dann muss ich es bis Frankfurt seinem Schicksal überlassen …
Pünktlich hebt der Flieger nach Windhoek ab, noch pünktlicher kommt er an. Unspektakuläres Umsteigen. In Windhoek ist es eine Stunde früher, deutsche Winterzeit sozusagen – und weiter geht’s um 20.35 Uhr nach Frankfurt. Bisschen Schreiben und Schlafen, Erwachen dann bei Sonnenaufgang, schön!

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Wir sind wieder in Europa und alles kommt komplett, funktionsfähig und pünktlich an, ja sowas ;-))
Der Zug fährt auch wie vorgesehen, eine allerletzte Abschlusstour muss aber sein: Ich steige in Neustadt/Aisch schon wieder aus dem Zug und radele heute wenigstens noch kurze 45 km durchs Frankenland nach Hause. Und wer grüßt am Neustädter Rathausplatz vom Dach herunter? Der Storch aus Afrika …

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Bye, bye … see you again …

The last act …

nicht ganz, aber fast. Zumindest die letzte tagesfüllende Fahrt – die aber gründlich: 1800 hm rauf, das haben wir schon mal gehabt, vom Honde Valley nach Nyanga. Nur waren es diesmal, als würdiger Abschluss, 133 km, und nicht nur 78 km. Irgendwann fährst du nur noch, einfach immer weiter, immer rauf und runter und wieder rauf, so wieder Weg halt ist, bis es zu dämmern beginnt.
Halt, nicht ganz pausenlos natürlich. Eine Radreise ist kein Wettkampf. Ein Mittagsmahl bei der Köchin, dann noch 1-2 Unterbrechungen zum was trinken, das gehört schon immer dazu, das hat sich eingespielt und passt so. Fahren, gucken, fahren und auch mal fotografieren:

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Dann weiter und schauen, eine Garküche entdecken, wo das Feuer brennt, der größte Topf bis oben hin mit Sadza gefüllt ist, die kleineren mit Beef oder Chicken, Gemüse und Soße … Aber es ist wieder mal Sonntag. Am Sonntag, jawohl, da fährt der Franke dann und wann oder immer in die Fränkische, wo groß aufgekocht wird. Ausflugstag! Und hier in Afrika, in Simbabwe und in Sambia?
Tja, da haben die meisten Garküchen am Sonntag zu! Einmal die Woche muss ja Pause sein. Kirchgang eventuell und Erholung! Mal keine Geschäfte machen und nix arbeiten. Der deutsche Metzger hat ja auch zu am Sonntag und verkauft da keine Leberkäsbrötchen. Teuer Essen gehen, so wie bei uns, das kann sich der normale Landbewohner (80 % der Sambier sind übrigens in der Landwirtschaft tätig – ja, so viele!!) nicht leisten und ist zudem weitgehend Selbstversorger. Die unzähligen Obst- und Gemüsestände zeugen davon. Ob am Sonntag jeder selbst kocht, was unökonomisch wäre, man bedenke die summierte Holzmenge für einzelne gekochte Mahlzeiten, oder ob es dann halt mal nichts Warmes gibt, wissen wir nicht.
Aber wir haben Glück und finden doch noch eine Köchin in Aktion und dürfen uns an Chicken, Gemüse, Soße und Sadza laben.

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Doch erstmal das Ganze von vorne: Der Grenzübergang: Abmelden in Simbabwe, einen Tag vor Ablauf des 30-tägigen Visums, dann über die Dammkrone radeln –  links der Kariba-Stausee, spiegelglatt und hellblaugrau im Morgenlicht, ein paar Fischerboote mit Lichtern noch, rechts der einstmals wilde Sambesi am Fuß der hohen Staumauer. Drüben dann 50 Dollar in die Staatskasse, Visa-Stempel in den Pass, ein paar Kwacha persönlich beim Agenten eingetauscht, gegen Dollar. Sambia wir sind da!
Die kleine Straße von Kariba zur Hauptstrecke T2 rauf nach Lusaka beschert uns noch einmal 60 km ländliche Idylle. Die kleinen strohgedeckten Hütten sind noch einfacher als die in Simbabwe. Das Gras hierzu wird vor Ort geschnitten und auch gebündelt weiter verkauft oder Matten, Körbe, Taschen etc. daraus geflochten, die dann am Straßenrand auf Käufer warten. In dieser Gegend steht aber besonders viel Holzkohle zum Abholen bereit:

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Kaum ein LKW seit der Grenze, und nur wenige Autos, wunderbar. Ochsen- und Eselskarren hin und wieder:

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Reges Leben am Fluss:

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Und wieder rauf – man sieht die Steigung nicht so recht auf dem Bild – Schiebestrecke zur Abwechslung, auch mal gut! Wilde weite Landschaft, Berge nach allen Seiten:

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Irgendwann ist die T2 erreicht. Mehr und mehr LKWs und Busse füllen die Hauptstrecke nach Lusaka. Nach 80 km eine unerwartete Accommodation, zu bald und außerdem erst halb zwei. Also weiter … lang kommt dann nichts mehr. Am Abzweig zu den mehrere hundert Kilometer entfernten Victoriafällen, nach Livingstone, soll es was zum Übernachten geben, sagte man uns. Fehlanzeige. Ins 13 km entfernte Kafue kommen wir nicht mehr bei Tag. Orangerot verfärbt sich der Himmel. Turbulentes Treiben, wie immer an bedeutenden Wegkreuzungen. Ein Gebäudekomplex wirkt ruhig, jemand steht bewachend davor … Ja, wir dürfen hier unsere Zelte aufschlagen, er sei übrigens Police Officer und die ganze Nacht da. Prima! Ob wir ihm ein Bier holen dürften? Nein, aber gerne was zu essen. Die Räder können innen rein, in sein Zimmer. Ja, wir dürfen sie auch anketten – kann höchstens sein, dass er uns dann nachts weckt, denn wenn er jemand einsperren muss, muss der Platz frei sein …
Ruckzuck stehen die Zelte. Wir werden geweckt, aber erst in der Morgendämmerung. Keiner wird eingesperrt, aber vermutlich ist bald Schichtwechsel. 77 km noch bis Lusaka, laut Navi. Also dann mal los, Frühstück unterwegs. „Ich seh dich dann in der nächsten Bar“, sage ich zu Peter, der vorausfährt. –
Pannenpech! Eine Art überdimensionalen Reißnagel habe ich aufgesammelt, zu viel für die besten Pannenschutzreifen. Also Gepäck runter und zusammenschließen, damit sich keiner schnell ein Teil schnappen und damit abhauen kann, dann flicken, pumpen, passt. Weiter.
Aha, da vorne sind schon Hochhäuser, der Stadtrand von Lusaka, aber laut Tacho noch 15-17 km ins Stadtzentrum zu „unserem“ Backpacker. Ohlala wenn hier schon so viel Verkehr ist, wie sieht’s dann erst im Zentrum aus?? Aufpassen nach 15 km und den Abzweig nicht versäumen … Mit Vollgas weiter, bin ja weit hinter Peter, wir haben auch keine SIM-Karten im neuen Land.
„How are You, madam?“ ruft der Zeitungsverkäufer an der Ampel, und nicht nur der. Geht das jetzt 15 km so zu? Zuviele Leute, die was verkaufen wollen… „How far is it to the town Center?“ rufe ich, um irgendwas zu sagen. Da deutet er in Gegenrichtung und sagt: „The Town-Center is there!“ ????? Ich kann’s kaum glauben, fahre ein Stück zurück, zücke mein Tablet. Tatsächlich, schon über’s Ziel rausgeschossen! Auch Navis irren mal und berechnen zuviel. Statt 15-17 km nur mehr 3, schön! Schnell bin ich da, und fange an zu berichten, aber Peter weiß wieder mal schon Bescheid. Buschtrommeln! Zwei Radfahrer sahen ihn und mich …
(Ergänzung Lusaka folgt)

Kariba

Heute zuerst mal ein Suchbild:

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Welches Tier versteckt sich da im Gebüsch? Es ist natürlich gut getarnt und die Stelle, die rausguckt gar nicht so klein und durchaus deutlich zu erkennen, wenn man es weiß (Auflösung später).
Von Karoi nach Makuti in gewohntem Bergauf-Bergab-Dahinfahren wird es immer ruhiger und menschenleerer. Federwölkchen, blauer Himmel, lauer Sommerwind, nein: afrikanischer Winterwind, lassen Zeit und Kilometer dahinfliegen.

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Die Köchin kocht wieder Sadza und Beef mit einer excellenten Soße, diesmal am Feuer auf dem Boden, und wir greifen nochmal zu, bevor das Land fast allein den Tieren gehört.

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„You now enter parks and wildlife area“ verkündet ein Schild 60 km hinter Karoi. Ja, das hat man uns erzählt, von hier an bis hinunter nach Kariba sei mit Elefanten und Löwen zu rechnen. Aber hier donnern laute LKWs vorbei, was sie wieder abschreckt. Wir sehen auch nur einen gemalten Löwen (der irgendwie sehr menschlich guckt, oder etwa nicht?):

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Nun denn, wir landen ungesehen in Makuti. Beim Feierabendbier draußen vor der Bar stört ein Besoffener etwas. „Make friends, I love You“ bettelt er mit großen Augen. Am End will er mich gar heiraten, hier bleiben soll ich oder er will mit nach Germany, das ist nicht so ganz klar. Peter schaut grad nach einer Unterkunft, sein Bier hat er hiergelassen und der Jüngling beäugt es lüstern und will es austrinken… nach meinem x.ten „No“ und “ it’s impossible“ (auf die Heirats- und sonstigen Wünsche) hat er eine andere Idee: „I want to test your bike!“ Ich sehe ihn schon mit meinem gesamten Gepäck, mit all meinen Sachen, davonrasen … nix gibt’s! Schnell schnappt das Kettenschloss zu. Ein bisschen macht er noch rum, dann verschwindet er bevor Peter wieder kommt und wir nochmal mit dem geretteten Bier anstoßen. Dererlei Aufdringlichkeit war aber zum Glück selten und nie ein echtes Problem.
Nun denn, der Mond geht auf,

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wir beziehen unser Quartier und fahren am nächsten Tag von 1200 h Höhe zum Kariba-Stausee bzw. zum gleichnamigen Ort auf knapp 500 hm hinunter, eine wunderschöne Fahrt durch, bis auf die Straße, unberührte Landschaft. Wie man sich schon denken kann, summieren sich aber die Aufstiege dazwischen und zwar auf 800 hm. Immer wieder schöne Ausblicke auf den azurblauen See!

Die 77 km lange gewundene Straße, in den 1950ern erbaut, folgt uralten Elefantentrampelpfaden. Diese Idee der Streckenführung war kostengünstiger als das äußerst schwierige Vermessen des unwegsamen bergigen Geländes.
Gestaut hat man nach dem Bau der Talsperre von 1956 – 59 den wilden Sambesi, der auch die Grenze zu Sambia markiert. Der Stausee ist zwischen 18 und 32 km breit, aber 280 km lang! Da nimmt sich die Staumauer mit 617 m sehr kurz aus. Morgen fahren wir drüber und sind dann in Sambia.

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Im Vordergrund ist der Nyaminyami, gleichzeitig Flussgott und Wasserschlange zu sehen.
Übrigens werden auch Fährfahrten von Kariba über die gesamte Länge des Sees angeboten, empfohlen als Entspannungstour Richtung Victoria-Falls und als Erlebnis, denn man fährt 22 h und hat in Westrichtung den Vorteil tagsüber an mehreren National Parks zu Wildtierbeobachtung vorbeizukommen. Die Vollverpflegung, einschließlich Tee, Kaffee und Snacks soll hervorragend sein, aber ob man unbekümmert dem Badeangebot im See nachkommen kann, weiß ich nicht. So viele Krokodile wie da drin sind …
Mehrere Campingplätze verteilen sich langgestreckt am Nordufer um Kariba. Die Hauptstraße liegt oben am Hang, auf einer Sandpiste geht’s zum ersten, wo Zebras bei Bier und Kaffee (für uns – keine Missverständnisse!) grasen. Wir fahren dann aber weiter, und – jetzt komme ich endlich auf das eingangs erwähnte Suchbild zurück – werden gewarnt: Ein großes Tier verberge sich da vorne im Gebüsch an der Kurve, wo wir rum wollten und ganz nah dran gewesen wären!!!!
Also absteigen und genau hinschauen!! Tatsächlich, abwechselnd guckt am linken Rand und in der Mitte was raus, es bewegt sich was, aha jetzt kommt er raus – und auf uns zu? Nein, er frisst weiter. Hin und her bewegt er sich. Wir warten in sicherer Distanz. Ein Auto will vorbei. Auch das wartet, der Fahrer ist vorsichtig. Ein Elefantentritt wäre …
Nun da zeigt er sich ja in voller Schönheit:

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Sein Grau war im Gebüsch kaum von einem Granitstein zu unterscheiden. Wir warten 10 min, 15 min, dann trottet er davon und wir haben freie Bahn.
Unseren Campingplatz haben wir dann wieder mal ganz für uns allein und bekommen die beste Hütte samt Küche, warmer Dusche und Seeblick von der Terrasse:

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Melonenreste finden rasch Liebhaber. Heißes Gerangel und Geschrei um die erste Portion, die zweite nimmt der Chef fast allein für sich in Anspruch:

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Morgen geht’s dann also über den Staudamm, über die Grenze nach Sambia. Und wieder rauf auf 1200 m Höhe. Weil die nächste Ortschaft Kafue fast 150 km weit ist und Höhenmeter und Grenzübertritt ihre Zeit brauchen, wollen wir um 6 Uhr los und rechnen trotzdem mit Zelten in der Pampa.
Und es wird wieder ein Stück noch afrikanischer werden …

 

Immer weiter und mehr oder weniger wundern!

Nach Westen, mit der Morgensonne im Rücken, schaukeln wir am nächsten Morgen in stetigem Auf und Ab an Ochsenkarren und anderem Publikum auf der gewellten Sandpiste weitere 15 km vor zur geteerten Hauptstrecke. Weit über die Ebene verstreute, strohgedeckte Hütten bestimmen hier das Bild, die Berge haben uns endgültig verlassen. Nicht nur kleine Kinder gucken wie immer neugierig, lachen und winken, der Hahn kräht, die Ziegen meckern, warum auch immer.
Am malerischen Halfway-House, einem großen, vermutlich wohl Gutsherrenhaus von 1891, haben auch wir die Hälfte des Weges zum Tagesziel Marondera hinter uns. Immer schön hügelig, später bergig schwingen wir darauf zu, immer so um die 1700 m Höhenlage herum, wo bei uns schon fast Baumgrenze wäre. Hier gibt’s aber nach wie vor Bäume und Büsche, so dass der Europäer optisch eine tiefere Lage vermutet.
Am Zaun vom 19/20 Caravanpark von Marondera hängt ein verblichenes Schild, aber wo ist der Eingang? „Swimming Bath“ steht ein ganzes Stück weiter hinten, also da mal fragen … ok, wir sind hier richtig, dies und das wird besprochen und organisiert und abends punkt acht, wie bestellt, ein großer Kübel heißes Wasser zum afrikanisch Duschen herbeigeschleppt.
Am nächsten Tag möchte „unser Junge“, der das ganze managt und aus den Bergen Chimanimanis stammt, unbedingt ein Abschiedsfoto „with the bicycles“:

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Dann brechen wir auf. Um die Hauptstadt des Landes, Harare, kommen wir nicht herum. Sternförmig laufen die Straßen drauf zu. Über den davon südlich gelegenen „Vorort“ Chitungwiza, einer rasch an Bevölkerung zunehmenden Arbeiterstadt mit mehreren 100.000 Einwohnern, die wohl eines Tages mit der Hauptstadt zusammenwachsen wird, wollen wir die Zweimillionenstadt Harare südwestlich in einem Viertelkreis tangieren. Eine durchgehende, wahrscheinlich alte Straßenverbindung, ist per OSM-Karte auf dem Tablet auszumachen und auch zu finden, aber was uns da am Samstagvormittag, Mittag und Nachmittag erwartet, hätte ich mir so nicht vorstellen können: Es geht so zwar nicht durchs verkehrsreiche Zentrum Harares, dafür aber entlang der Townships, der Vorstädte der ärmeren Bevölkerung.
Ursprünglich waren diese jeweils für bestimmte Berufsgruppen angelegt worden, so z. B. die Rugare Township für die Bahnarbeiter, Highfield und Glen Norah u.a. für die Industriearbeiter,  Tafara und Mabvuku für die Servants, die Hausangestellten …
Es erwarteten uns ca. 40 km Dauerflohmarkt, Basar, Obst und Gemüsemarkt, Kleider und Schuhe aller Art, auch afrikanische Haarkunstteile  („100 % Natural Hair“) sind zu haben, wildes Treiben, Gebrauchtwaren, sowie Möbel, Türen, Spiegel, Korbwaren, Garküchen, Reifenrepair, Barbiere, Schuster und sonstwas ohne Ende. Ein Lärm und ein Geschrei, ein „How-are-you“ ohne Ende und leider auch ab und zu unangenehme Anmache. Schnellstmöglichst durch hier, nix fotografieren, nicht stehen bleiben, zusammenbleiben!
Wir kommen gut durch (eine Panne … nein, die hatten wir nicht ;-)), dann noch ein Stück stark bevölkerte Samstagsnachmittagsausgeh-Sandpiste, aber nun wird es endlich ruhiger! Auf einmal sind alle weg und wir schon fast bei unserem Tagesziel angelangt, dem Lake Chivera, einem bedeutenden Naherholungsgebiet westlich von Harare mit mehreren Campingplätzen.
Ein Pickup hält neben uns und Berry, der Fahrer, ein weißer Simbabwer, empfiehlt den Kamba Caravan-Park, wo er auch selbst sei… Als wir ankommen weiß der Offizier an der Schranke schon Bescheid: ja, und unser Platz wäre schon bezahlt… Traumhafte Ruhe hier auf dem großen schönen Gelände nach dem turbulenten Tag!  Unspektakuläre Abendstimmung am See:

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Viele Kilometer gibt’s am nächsten Tag. Alternativ zur LKW-befahrenen Hauptstrecke hat man uns am Campingplatz ein ruhiges kleines Sträßchen entlang eines weiteren Sees empfohlen. Gerade und eben flitzen wir auf der geteerten Piste dahin.

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Dann und wann weht es ein bisschen Sand herum, dem wir zunächst keine Beachtung schenken. Aber nun wird er mehr und mehr! Bald ist nur noch ein schmaler Teerstreifen frei. Die ersten Wellblechstellen dann nach 25 km. Und so versinkt unser Sträßchen bald förmlich in Sand. Nun fürwahr ein schönes Studienobjekt wie aus einer Straße eine Sandpiste wird…!!
Noch 30 km geht diese Nebenstrecke bis zur Hauptverbindung vor! Herumrechnen, denn Sandpiste ist mindestens Teerstraße x 2, oh je, das wird spät, zu spät! Umdrehen? Da hätten wir 60 km mehr, noch zusätzlich zu den 132 km heute … lohnt sich nicht, geht nicht. Also weiter. Vielleicht wird’s ja wieder besser? Oder noch schlechter?? Nee, ich bin kein Pessimist!
Am nächsten Ort mit dem schönen Namen Maryland ein kurzer Pausenstopp und siehe da, am Ortsende geschieht tatsächlich das Wunder und der Sand ist plötzlich wie weggeblasen, die Teerstraße wieder saubergefegt! Jetzt aber ab durch die Mitte nach Chinhoyi! …
Da schau, nur noch 10 km und ein Bergabstück, hui!! volle Fahrt voraus. Oh was ist das? Ist die Straße so uneben, bin ich zu schnell oder was? .. aaaach, das Schlingern kommt von immer weniger Luft im Hinterreifen…
Pumpen und fahren so weit es geht. Die letzten 1,5 km bergauf schieben und abends Reifen flicken. Ursache nicht gefunden, kein Draht oder Drähtchen steckt im Reifen, nur ein Miniloch im Schlauch.
Eigentlich (k)ein Wunder. Der Seitenstreifen, auf den man oft ausweichen muss, war heute ganz besonders übersät mit diesen zerfetzten gemeinen Feindrahtgeflecht-LKW-Reifen … egal, nun ist alles wieder heil und die Maschine flitzt wieder ;-))

Der nächste Tag, knapp 90 km nach Karoi, verläuft unspektakulär.
Nur ist mir aufgefallen, dass mir Palmen schon gar nicht mehr auffallen! Schnell ein Foto! Ach und da läuft grad eine Frau vorbei …

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So ist das, wenn man länger wo ist: Man gewöhnt sich an fast alles und nimmt kaum noch wahr, was zu Beginn der Reise noch auffiel!
Wundern werde ich mich wohl beim Heimkommen …

Nyanga Mountains Nationalpark und Dianas Vow

Von Hauna, 850 m hoch, im fruchtbaren Honde-Valley mit seinen Obstplantagen, Hängebrücken, Teefeldern und pittoresken afrikanischen Dörfern, die sich wie im Bilderbuch an den Hängen hinziehen, fahren wir kurvenreich und mit schönen Ausblicken ins Tal auf der einen, und auf die Felswände mit den Wasserfällen des Nyanga-Nationalparks auf der anderen Seite, wieder die 30 km hinauf zur Straße, die wir zuvor hinabgerauscht sind.
Früh am Morgen ist es noch kühl und gut zu fahren. Der kleinste Gang kommt oft zum Einsatz und mit Auf und Ab summieren sich 1100 Höhenmeter um auf 1600 m Höhe zu gelangen. Kiefern mit langen Nadeln und andere Bäume bestimmen jetzt das Bild. Ganz ruhig ist es hier, eine erholsame Abwechslung zum quirligen Hondetal, wo es am Schluss doch ein bisschen zu viel des Guten mit ständigen „Hello“ und „How-are-You“-Rufen war.
Oben sind wir noch nicht: Juliasdale, der nächste Ort ist 1930 m hoch, danach geht’s mit Schwung die immer weniger werdenden Gegenanstiege hinauf und immer mehr hinab, denn es fällt ins 1720 m „tief“ gelegene Nyanga hinunter. Das macht Spaß und flitzt zum Tagesabschluss! Berge und rund geschliffene Felsen bestimmen hier das Bild. Am Ende misst Peters Höhenmesser 1850 m Gesamtaufstieg, verteilt auf 78 km. Schön und abwechslungsreich war’s, dazu das Gefühl was geschafft zu haben.

Wasserfälle gibt es viele im Nyanga-Nationalpark. Für Radler, über eine 6 km lange wilde Piste, relativ leicht erreichbar sind die Nyangombe Falls.

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Über steile große und kleine Felsen stürzt der Fluss in zwei Kaskaden fast 30 m tief in ein großes Wasserbecken und fließt unten scheinbar bergauf weiter, natürlich eine optische Täuschung!

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Im Rhodes Nyanga Hotel ist im ehemaligen Pferdestall ein kleines Museum untergebracht. Die Möbel aus Rhodes Nachlass, Fotos und alte Landkarten, Kutsche und Wagen, sowie Alltagsgegenstände lassen das Leben um die vorvorige Jahrhundertwende lebendig werden. Einen mobilen Bücherständer, wie diesen hier (oder einen modernen Nachbau) können Vielleser immer gebrauchen:

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Draußen blüht es wunderbar, andere Dimensionen als die Gewächse auf mancher heimischen Fensterbank. Vögel sind auch drin versteckt!

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Im Nyanga-Park ist kaum jemand da. Er kostet Eintritt und der Tourismus in Simbabwe steckt noch in der Krise. 2-3 Autos am Tag stören den Radfahrer nicht und so kann man auf dem Circuit-Drive um diese Jahreszeit stundenlang herumfahren und begegnet höchstens mal einem Arbeiter. Absolute Ruhe und Einsamkeit! Die Wege, besser gesagt die Trails, erfordern ein MTB und manchmal liegen Steinbrocken drin, es geht steil runter zu einem Fluss und wieder rauf, oder der Weg ist derart abgerutscht, dass man schieben muss. Macht nichts, so sieht man mehr. Natur pur, hinter jeder Kurve neue Ausblicke.

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Auch einen kleinen Sandstrand mit einem bilharziosefreien Badebecken gibt es am Nyongombe River. Das Wasser ist allerdings eiskalt. Malerisch stehen da auch runde Brotzeit-Hütten am Hang um Schatten spenden, fehlt nur der Bierkeller drunter …
Die ganze Gegend ist schon seit der Steinzeit besiedelt und reich an kulturellen Zeugnissen. Hier entstanden ab dem 16. Jh. auch sogenannte Pit Structures, die man in dieser Gegend zu Tausenden gefunden hat. Mannshohe Gruben von ca. 6 m Durchmesser, ausgekleidet mit Steinwänden, waren durch einen unterirdischen Gang mit den Wohnhütten verbunden und verfügten über eine Art Drainage. Waren es Zufluchtsstätten für Frauen und Kinder, Behälter zum Goldwaschen oder gar ein Fruchtbarkeitssymbol? Die Forscher rätselten. Am wahrscheinlichsten ist, dass kleine Nutztiere, wie Hühner und Ziegen abends in die Grube geschubst wurden um sie vor Dieben und Raubtieren zu schützen.

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Der Weg zu den Ruinen von Fort Nyangwe, dem besterhaltensten Fort der Nyange-Kultur samt Aussicht auf die kleinen Stauseen mit reichem Forellenbestand und auf die bewaldeten Berge der Umgebung ist so zugewachsen, dass ich nicht einmal zu Fuß durchkomme, schade. Hoffentlich werden die Wege wieder besser gepflegt, damit nicht alles zuwächst.
Am Scheitelpunkt des Circuit-Drive könnte man zum höchsten Berg des Landes, dem 2993 m hoch gelegenen Mount Inyangani wandern und das zuvor besuchte Honde-Valley auf der anderen Seite von oben betrachten, aber dazu reicht die Zeit nicht. Auch die höchsten Wasserfälle, die in dieses Tal über eine steile Abbruchkante hinabstürzen sind Dutzende von Kilometern entfernt und müssen für einen eventuellen späteren Besuch, bei dem man im Park übernachtet, warten, ebenso die einsame Weiterfahrt nach Troutbeck, die Ziwa-Ruins u.v.m.
Spätnachmittagsstimmung zum Abschluss:

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Auch Nyanga war ein Abstecher. Am nächsten Tag geht’s wieder rauf nach Juliasdale und weiter durch die grandiose Berglandschaft in Simbabwes Osten. Mehr Affen als Autos sind hier unterwegs:
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Und auch sonst geht alles seinen gewohnten Gang:
Die Köchin kocht (wo sie wohl das T-Shirt herhat?), die Männer trinken Chibuku …
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Wir verlassen die Teerstraße, nicht wegen der Affen, sondern wegen Dianas Vow. Ca. 14 km recht gut befahrbare Sandpiste stehen uns bevor: F!ussquerungen und Ochsenkarren sind hier keine Seltenheit:
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Dianas Vow gilt als bedeutendste Felsmalerei Simbabwes. „Vow“ heißt Gelübe. Der leidenschaftliche Jäger Rhys Fairbridge soll einmal, so die Legende, unbewaffnet im Busch einem prächtigen Kudubullen begegnet sein und gelobt haben, nie wieder ohne Schusswaffe aus dem Haus zu gehen.
Die Zeichnungen haben eine eigenwilige Austrahlung. Es ist viel übereinander gemalt. Um eine Riesengestalt mit Antilopenmaske reihen sich unzählige Menschen und Tiere. Es könnte ein Regenmythos sein mit der Riesengestalt als Regenzauberer, denn auch Wasserbeutel und Wasservögel fanden Forscher auf dem Bild. Ein Freudentanz wegen einsetzendem Regen?
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Da der nächste Ort zu weit weg ist, fragen wir in einem Dorf in der Pampa ob wir hier zelten dürfen. „No problem“, meint einer Jungs und holt den Besitzer des Weidegeländes. Auch die anderen schauen neugierig herüber. Am Morgen hat man uns erzählt, dass das Fussballspiel Italien – Deutschland heute wäre und die haben hier sogar einen Fernseher! Na sowas, das wird interessant.
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Streusiedlungen gehören noch zu diesen Dorfmittelpunkt, eine Bar gibt‘ s auch. Der kleine Fernseher steht allerdings hinter Gittern (alle Bars hierzulande sind eingittert). Erwartungsvoll werden schon mal Wetten abgeschlossen – der eine Afrikaner ist bekennender Italien-Fan… Beim Anpfiff stellt sich dann heraus, dass das Spiel doch erst zwei Tage später ist…