Nach Westen, mit der Morgensonne im Rücken, schaukeln wir am nächsten Morgen in stetigem Auf und Ab an Ochsenkarren und anderem Publikum auf der gewellten Sandpiste weitere 15 km vor zur geteerten Hauptstrecke. Weit über die Ebene verstreute, strohgedeckte Hütten bestimmen hier das Bild, die Berge haben uns endgültig verlassen. Nicht nur kleine Kinder gucken wie immer neugierig, lachen und winken, der Hahn kräht, die Ziegen meckern, warum auch immer.
Am malerischen Halfway-House, einem großen, vermutlich wohl Gutsherrenhaus von 1891, haben auch wir die Hälfte des Weges zum Tagesziel Marondera hinter uns. Immer schön hügelig, später bergig schwingen wir darauf zu, immer so um die 1700 m Höhenlage herum, wo bei uns schon fast Baumgrenze wäre. Hier gibt’s aber nach wie vor Bäume und Büsche, so dass der Europäer optisch eine tiefere Lage vermutet.
Am Zaun vom 19/20 Caravanpark von Marondera hängt ein verblichenes Schild, aber wo ist der Eingang? „Swimming Bath“ steht ein ganzes Stück weiter hinten, also da mal fragen … ok, wir sind hier richtig, dies und das wird besprochen und organisiert und abends punkt acht, wie bestellt, ein großer Kübel heißes Wasser zum afrikanisch Duschen herbeigeschleppt.
Am nächsten Tag möchte „unser Junge“, der das ganze managt und aus den Bergen Chimanimanis stammt, unbedingt ein Abschiedsfoto „with the bicycles“:
Dann brechen wir auf. Um die Hauptstadt des Landes, Harare, kommen wir nicht herum. Sternförmig laufen die Straßen drauf zu. Über den davon südlich gelegenen „Vorort“ Chitungwiza, einer rasch an Bevölkerung zunehmenden Arbeiterstadt mit mehreren 100.000 Einwohnern, die wohl eines Tages mit der Hauptstadt zusammenwachsen wird, wollen wir die Zweimillionenstadt Harare südwestlich in einem Viertelkreis tangieren. Eine durchgehende, wahrscheinlich alte Straßenverbindung, ist per OSM-Karte auf dem Tablet auszumachen und auch zu finden, aber was uns da am Samstagvormittag, Mittag und Nachmittag erwartet, hätte ich mir so nicht vorstellen können: Es geht so zwar nicht durchs verkehrsreiche Zentrum Harares, dafür aber entlang der Townships, der Vorstädte der ärmeren Bevölkerung.
Ursprünglich waren diese jeweils für bestimmte Berufsgruppen angelegt worden, so z. B. die Rugare Township für die Bahnarbeiter, Highfield und Glen Norah u.a. für die Industriearbeiter, Tafara und Mabvuku für die Servants, die Hausangestellten …
Es erwarteten uns ca. 40 km Dauerflohmarkt, Basar, Obst und Gemüsemarkt, Kleider und Schuhe aller Art, auch afrikanische Haarkunstteile („100 % Natural Hair“) sind zu haben, wildes Treiben, Gebrauchtwaren, sowie Möbel, Türen, Spiegel, Korbwaren, Garküchen, Reifenrepair, Barbiere, Schuster und sonstwas ohne Ende. Ein Lärm und ein Geschrei, ein „How-are-you“ ohne Ende und leider auch ab und zu unangenehme Anmache. Schnellstmöglichst durch hier, nix fotografieren, nicht stehen bleiben, zusammenbleiben!
Wir kommen gut durch (eine Panne … nein, die hatten wir nicht ;-)), dann noch ein Stück stark bevölkerte Samstagsnachmittagsausgeh-Sandpiste, aber nun wird es endlich ruhiger! Auf einmal sind alle weg und wir schon fast bei unserem Tagesziel angelangt, dem Lake Chivera, einem bedeutenden Naherholungsgebiet westlich von Harare mit mehreren Campingplätzen.
Ein Pickup hält neben uns und Berry, der Fahrer, ein weißer Simbabwer, empfiehlt den Kamba Caravan-Park, wo er auch selbst sei… Als wir ankommen weiß der Offizier an der Schranke schon Bescheid: ja, und unser Platz wäre schon bezahlt… Traumhafte Ruhe hier auf dem großen schönen Gelände nach dem turbulenten Tag! Unspektakuläre Abendstimmung am See:
Viele Kilometer gibt’s am nächsten Tag. Alternativ zur LKW-befahrenen Hauptstrecke hat man uns am Campingplatz ein ruhiges kleines Sträßchen entlang eines weiteren Sees empfohlen. Gerade und eben flitzen wir auf der geteerten Piste dahin.
Dann und wann weht es ein bisschen Sand herum, dem wir zunächst keine Beachtung schenken. Aber nun wird er mehr und mehr! Bald ist nur noch ein schmaler Teerstreifen frei. Die ersten Wellblechstellen dann nach 25 km. Und so versinkt unser Sträßchen bald förmlich in Sand. Nun fürwahr ein schönes Studienobjekt wie aus einer Straße eine Sandpiste wird…!!
Noch 30 km geht diese Nebenstrecke bis zur Hauptverbindung vor! Herumrechnen, denn Sandpiste ist mindestens Teerstraße x 2, oh je, das wird spät, zu spät! Umdrehen? Da hätten wir 60 km mehr, noch zusätzlich zu den 132 km heute … lohnt sich nicht, geht nicht. Also weiter. Vielleicht wird’s ja wieder besser? Oder noch schlechter?? Nee, ich bin kein Pessimist!
Am nächsten Ort mit dem schönen Namen Maryland ein kurzer Pausenstopp und siehe da, am Ortsende geschieht tatsächlich das Wunder und der Sand ist plötzlich wie weggeblasen, die Teerstraße wieder saubergefegt! Jetzt aber ab durch die Mitte nach Chinhoyi! …
Da schau, nur noch 10 km und ein Bergabstück, hui!! volle Fahrt voraus. Oh was ist das? Ist die Straße so uneben, bin ich zu schnell oder was? .. aaaach, das Schlingern kommt von immer weniger Luft im Hinterreifen…
Pumpen und fahren so weit es geht. Die letzten 1,5 km bergauf schieben und abends Reifen flicken. Ursache nicht gefunden, kein Draht oder Drähtchen steckt im Reifen, nur ein Miniloch im Schlauch.
Eigentlich (k)ein Wunder. Der Seitenstreifen, auf den man oft ausweichen muss, war heute ganz besonders übersät mit diesen zerfetzten gemeinen Feindrahtgeflecht-LKW-Reifen … egal, nun ist alles wieder heil und die Maschine flitzt wieder ;-))
Der nächste Tag, knapp 90 km nach Karoi, verläuft unspektakulär.
Nur ist mir aufgefallen, dass mir Palmen schon gar nicht mehr auffallen! Schnell ein Foto! Ach und da läuft grad eine Frau vorbei …
So ist das, wenn man länger wo ist: Man gewöhnt sich an fast alles und nimmt kaum noch wahr, was zu Beginn der Reise noch auffiel!
Wundern werde ich mich wohl beim Heimkommen …