Zur Grenze und drüber hinaus

Radschlauch hat dicht gehalten und die Maschine flitzt mindestens ebenso gut wie vorher, wenn auch die Gänge manchmal nicht ganz ruckelfrei mögen. Vielleicht müsste der Umwerfer justiert werden? Aber wie das so ist im Leben, wenn was nicht ganz schlimm und nicht ganz notwendig ist, schiebt mann oder frau sowas auf … und außerdem ist heute mal wieder der Blog dran!
Weil, wie gesagt, die Maschine wieder wunderbar flitzt und an diesem Tag der Wind meistens von hinten kam, das Streckenprofil ideal, die Straße dann noch so glatt wie ein Kinderpopo wurde und nicht allzu viele geöffnete Bars zu Bierpausen und Plausch samt Photoshoting mit allerbestens gelaunten Botswanern einluden, wurden aus den geplanten 120 km sogar 135. Ein kleines Dorf namens Tati versprach eine Lodge mit Camp Site und ließ uns 15 km über das Ziel hinaus schießen.
Zuvor wurde Peter noch zum Radiointerview gebeten. Ein flottes Team sah uns, überholte uns und bremste das ebenso flotte Auto des duma FM (näheres unter www.dumafm.co.bw) vor uns ab, drei junge Menschen entstiegen und schwuppdiwupp hatte Peter das Mikro unter der Nase und stand fachkundig Rede und Antwort. Ob wir das auch bekommen könnten? Peter ließ seine Karte da …  mal sehen, ob was kommt, oder findet es jemand heraus?

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Tati, etwas abseits der Hauptstraße gelegen, entpuppte sich dann als gar nicht so kleines Dorf. Am späten Nachmittag ist gerade die Schule aus und hunderte von Teenagern bevölkerten die Dorfstraßen und machen Faxen, Hallo und Trallala, wie halt so ist nach Schulschluss. Da hilft nur die Hupe, um sich einigermaßen ein Durchkommen zu verschaffen und dass uns keiner plötzlich vor die Räder hüpft. Zwei Weiße auf Fahrrädern …
Die Lodge, im afrikanischen Stil erbaut, mit typischem Innenhof, um den die einfachen aber wohnlichen Zimmer gruppiert sind, schmückt auch ein Brunnen, vor dem die freundliche, etwas schüchterne Rezeptionsdame unbedingt fotografiert werden wollte.

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Sie haben das Ganze erst vor kurzem erworben und neu renoviert. Wie überall bisher auf unserer Reise sind die festen Unterkünfte meist um die 20 € pro Zimmer (zu zweit) zu haben, da lohnt sich das Zeltaufstellen nicht sehr. Außerdem kann man seine Sachen einsperren, hat Strom und Licht, kann in Ruhe schreiben, oft gibts auch einen Wasserkocher samt Tassen etc.
Verwirrend ist die Anzahl der Bars hier. Guckt man vorne aus dem Fenster, ist eine, hinten ebenso, fast gleich aussehend. Drum herum mindestens nochmal vier oder fünf. Bestes Rindfleisch ist bei mehreren Dorfmetzgern für drei Euro pro kg zu haben, aus Weidetierhaltung wohlgemerkt, was bei uns bester Bioqualität entsprechen würde. Die Tiere grasen überall in dem weiten Land und versorgen sich selbst. Kühe gibt es hier kaum, die müsste man melken. Käse gibt es demnach selten und wenn, dann ist er teuer und höchstens vergleichbar mit dem billigen Gouda bei uns.
Weiter gehts am nächsten Tag nach Francistown, der zweitgrößten Stadt Botswanas, mit ca. 100.000 Einwohnern.
1868 wurde hier Gold gefunden, ab 1897 entstand die heutige Stadt, die bis 1966 auch das Versorgungszentrum für weitere Goldminen in der Region war. Heute floriert neben der Bekleidungs-, Schuh-, Keramik- und Chemieindustrie vor allem auch das Transportgewerbe, denn die Stadt ist Umschlagplatz für den Handel mit Simbabwe und Sambia (siehe: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Francistown).
Die Mall in der Innenstadt ist neu und modern als Fußgängerzone gestaltet – die Autos bleiben draußen. Schön ein bisschen auf den Bänken zu verweilen und ein paar Einkäufe zu erledigen. Nur ein Straßencafé hätte ich mir wieder mal gewünscht.

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Dafür setzt sich eine Dame neben mich und erzählt mir, sie komme aus Lusaka und sei hierher mit dem Bus zum Einkaufen gekommen! Nanu, das sind ja hunderte von Kilometern! Ja, man steige in Sambia spät abends ein, schlafe die Nacht über im Bus und komme dann, bei Buswechsel an der Grenze Sambia-Botswana, in der Früh hier an. Anliegerstaaten kosten ja keine Visa-Gebühren. Hier könne man viel besser einkaufen! Mit Peter unterhält sich derweil ein sehr belesener Lehrer, weiß einiges über Europa, will wissen was Pegida denn nun genau wäre – nein, keine Partei …
Weiter gehts. Kurz vor der Grenze schlagen wir unsere Zelte in einer Lodge zwischen Hühnern auf, am nächsten Tag erwartet uns Simbabwe. Laut Reiseführer sind die Unterkünfte dort sehr teuer, einer erzählte uns in Südafrika gar was von no fuel, no food. Fuel, also Benzin brauchen wir ja nicht, aber food als fuel durchaus. Unsere Packtaschen sind voll davon. Mal sehen …
Buntes Treiben dann vor der Grenze zwischen Ramokgwebana und Plumtree. Garküchen bieten Chicken, Pap und Tea, gut um nochmal was zu essen und die restlichen Pula loszuwerden. Es schmeckt, zuvor wird mir noch eine Schüssel zum Händewaschen gebracht, den Stuhl stelle ich neben das Fahrrad, worauf ich fürsorglich noch ein Tablett für das Essen und den Tee bekomme.
Recht entspannt das Ganze, auch an den beiden Grenzübergängen problemlos. Statt erwarteter 50-55 Dollar Visagebühr nimmt man uns nur 30 ab ;-))
Bei Beruf auf keinen Fall was von Autorin oder ähnliches reinschreiben, das ist immer schlecht. Also IT-Assistentin, stimmt ja auch. Wir sind drüben! Nach kurzer Fahrt noch ein längerer Stopp in Plumtree, denn wir brauchen neue SIM-Cards zur Kommunikation. Dauert. Ohne Registrierung und Passkopie geht, wie auch in Südafrika, nichts. Eine Übernachtungsadresse muss her. Bis zum 60 km entfernten Figtree wollen wir heute noch, ein Hotel soll es dort geben, wird auch akzeptiert. Aber die Telefonnummer wollen sie auch noch wissen … der Compi fordert’s, das Mädchen löst das Problem irgendwie und um 12.30 können wir endlich weiterfahren. Pause bei der Bar, Bier gibts, dazu volle Regale in den Läden und geöffnete Tankstellen. An der Straße steht Jürgen, ein eingewanderter Deutscher und erzählt uns einiges. Ja, hier wäre fast alles zu bekommen, auch (max. 50) Dollars aus den Automaten. Schlimmer sei die Situation in der Hauptstadt Harare, weiter oben im Norden des Landes, wo auch die Deutsche Botschaft sitzt. Deshalb, so unsere Vermutung, die unveränderten Warnungen des Auswärtigen Amtes. Wir werden sehen, zuerst aber wollen wir, nach dem Besuch des Matobo-Nationalparks unterhalb von Bulawajo, in den gebirgigen Osten.
Alles gut!? Fast. Peter erwischt es. Reifenpanne. Ein dicker Glassplitter. Er schickt mich voraus zum unbekannten Hotel in Figtree. Keine Ahnung was es kostet. Zuerst gerate ich in eine Art Saturday-Night-Fieber Open-Air-Disco oder Fest oder was. Die Musik ist afrikanisch laut, die Leute fröhlich. Volle Teller, Getränke … Das Hotel ist einen halben km weiter. Überaus freundlicher Empfang. Was es kostet? 20 Dollar. Ob das ok wäre. Für zwei Personen? Ja.
Na sowas, nix teuer ;-))
Schnell bezahlt, Gepäck ins Zimmer, nach Peter geschaut. Da kommt er schon! 25 km alle 2 km Reifen aufgepumpt, zuvor Pannenflüssigkeit rein. Pumpen und fahren und pumpen … endlich, die letzten 6 km bleibt die Luft drin und hält immer noch!!
Zum Abschluss noch: Begegnung auf der Straße im Abendlicht:

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Tot oder lebendig. Peter sagt: Vorsicht, die ist gefährlich! Lebt sie überhaupt? Sie rührt sich nicht. Wie das Krokodil damals … Schnell ein Foto und noch eines …
Als ich ein Stück weg bin, kriecht sie langsamst weiter: eine Puffotter, ähnlich unserer Kreuzotter …