Das sagt mir ein wie aus dem Werbeprospekt eingekleideter Fahrer eines ebenso hochglänzten Pick-Ups, bestimmt kein Einheimischer, sondern ein Gast einer der teuren Lodges hier in Botswana, ein gutes Stück nach der Grenze, wobei er mich auf der Sandpiste überholt und kurz neben mir anhält…
Doch erst mal der Reihe nach.
Tags zuvor sind wir nicht über die stark frequentierte Grenze von Musina nach Simbabwe eingereist, sondern haben den ruhigeren und schöneren Weg vor der Grenze nach Westen gewählt, um erst durch den Nordosten von Botswana zu fahren.
Radfahrers Traum! Eine kaum befahrene Straße in abwechslungsreicher schöner Landschaft, dazu starker Rückenwind, der erste richtige auf dieser Reise, weht uns fast mühelos dahin. Wir fliegen und halten nur mal bei den zahlreichen dicken Baobabs hier an. Manche sehen aus wie Zwillinge und sind doch nur einer. Ein Mensch verschwindet fast drin:
Sieht der Baum nicht auch ein bisschen wie ein Elefant aus??
Kleines Schildchen am Straßenrand: Die nächsten 16 km sei mit Läufern und Radfahrern zu rechnen. Eine Lauf- und Radstrecke zwischen zwei Lodges! Das gefällt mir doch gleich viel besser als „Radfahren verboten“ oder so!
Wunderbar alles! Gut 115 km heute zu fahren, bei dem Wind aus der richtigen Richtung auf bester Teerstraße kein Problem.
Nahe der Grenze wollen wir zelten, der Campingplatz ist schon ausgesucht. Nach 72 km kommt das Main Gate zum zugehörigen Naturreservat und wir werden angehalten. Tja, alles nicht so einfach, erklärt uns der freundliche Herr:
1. Wenn wir da zelten wollen, müssen wir hier buchen, 40 km vorher! Und 2. dürfen wir mit den Fahrrädern gar nicht rein in den Park! Zu gefährlich! Man kann schon ab hier die schönere Nebenstrecke wählen und auf der 35 km langen Zufahrt die Safari genießen, aber nur im Auto. Oder man fährt die Straße weiter und biegt einen km vor der Grenze ab und kommt von dort nach 7 km hin. Die letzten 2 km zum Camp dürfen wir aber auch nicht einfach so fahren, aber da biete sich als Lösung eine Eskorte an. Nun gut, das machen wir!
Ja, und 3. meint unser Informant, wenn wir dann bei Pont Drift nach Botswana einreisen, da ist wieder ein Naturreservat und er wisse nicht, ob wir da fahren dürfen. Die anderen Leute wussten es auch nicht genauer. Hhhhmm, was dann zu tun sei, umkehren oder mindestens 100 km Umweg, diese Diskussion verschieben wir auf den Abend.
Die Eskorte steht wie vereinbart bereit. Ein Fahrer und einer mit einer scharfen Knarre, der hinten auf dem Pick-Up fährt und im Notfall … Zebras sind da, einige Duiker und am nächsten Morgen auch ein Gnu, das zwar gefährlich ausschaut, aber normalerweise den Menschen nichts tut. Die kleine Buschschweine sind ulkig anzusehen! Um das Camp herum ist ein Elektrozaun, alles tiptop abgesichert in Südafrika! Ein Schild warnt vor den Affen. Die turnen auch tatsächlich auf dem Baum über unserem Platz herum und werfen eichelähnliche Früchte auf die Zelte. Peng, peng! Schöne blauschwarz schillernde Vögel wagen sich nah ans Zelt und picken verstreute Haferflocken auf:
Auch die Red Duiker staksen vorsichtig in der Dämmerung herum:
Der nächste Tag wird spannend!
Dürfen wir nun wie geplant fahren? Und ist es nun echt gefährlich oder nicht so? Die Tiere weichen den Menschen normalerweise aus.
Der Grenzübertritt ist völlig problem- und kostenlos: Formular aufgefüllt, Stempel rein, bei Peter platzsparend auf einer schon fast vollgestempelten Seite. Botswana ist sein 39. Land auf dieser Weltumradlung, sein Pass zwar schon mit deutlich mehr Seiten ausgestattet als ein normaler, aber es kommt ja noch viel!
Nach der Grenze Sandpiste mit bestem feinsten Afrikasand. Tja, eigentlich sollte laut Karte da ein geteerter Weg sein! Fahren geht bedingt, aber oft müssen wir absteigen. Rechts und links keine Zäune, ein paar ungefährliche Tiere lassen sich blicken. Leute aus den Autos winken, einer hält den Daumen hoch. Keiner sagt, es sei gefährlich oder warnt irgendwie.
Das ist Botswana! Welch ein Unterschied zu Südafrika! Die knapp 2 km zum Camp durften wir nicht ohne bewaffnete Begleitung fahren, hier sind Dutzende von Kilometern die gleichen wilden Tiere unterwegs!
Die Piste wird besser. Zwar immer wieder „Wellblechgehopper“ aber selten tiefer Sand. wir kommen recht gut voran. In der Mittagshitze lassen sich kaum Tiere blicken. Wir fahren, ab und zu ein Foto. Peter ist ein Stück voraus, da hält mich dieser Typ an: „There are lions in this area!!! Dabei fletscht er mit den Zähnen, formt die Finger zu Krallen, deutet auf das Gebüsch und macht „grrrrrrr“… , so dass man meinen könnte der Löwenkönig höchpersönlich springe im nächsten Moment aus dem Busch und … Ich schaue erschreckt, er nickt und gibt Gas und weg ist er.
Hhhhmm, once in a lifetime … Ob das auch zu den hundert oder tausend Dingen gehört, die man mal getan haben muss? Vom oder von Löwen verfolgt durch Botswana radeln?? Wie groß ist die Gefahr wirklich? Ich fahre weiter. Aufmerksam und etwas bedächtig. Was soll ich auch sonst machen?
Peter erzählte mir, vor Löwen habe er weniger Angst als vor Elefanten oder gar Kaffernbüffeln. Löwen jagen auch nicht unbedingt um die Mittagszeit. Menschen werden eher selten angegriffen. Nachzulesen ist auch, das man bei einer Begegnung auf keine Fall wegrennen, weder den Löwen anstarren noch in die Augen schauen, keine Angst oder Aggression zeigen, sondern langsam den Rückzug antreten soll.
Ein zotteliges Gnu habe ich vorhin gerade noch mit der Kamera hoch oben am Hang erwischt. Wenn der Löwe kommt … nee, sorry, kein Foto! Peter wartet ein Stück weiter vorne. Ihm hat der Typ nix von Löwen erzählt. Wir fahren weiter. Keine Löwen, keine Elefanten, keine Büffel oder sonstwas gefährliches ;-))
Die meisten Flüsse sind trocken um diese Jahreszeit. In einem einzigen Flussbett ist etwas Wasser, die Tiere sammeln sich drumrum:
Markante Felsformationen faszinieren auch:
Nach 55 km zeitraubendem Herumgeeiere auf Schotter und Sand geht’s endlich auf Asphalt weiter nach Bobonong. Ein paar Baustellen bremsen noch, aber wir schaffen die insgesamt 116 km noch vor 17 Uhr. Bobonong ist mit 17.000 Einwohnern ein größerer Ort, im dünn besiedelten Botswana, eigentlich mehr eine Streusiedlung mit einer Mall, d.h. einem Marktplatz als Zentrum, eigentlich nur ein großer Platz mit Straßenhändlern, einer Post, einem Geldautomaten und ein paar Geschäften drumrum und einer Bar, in der auch Bier und Wein und sonstiges alkoholhaltiges verkauft werden, denn in Lebensmittelläden gibt’s hierzulande sowas nicht. Ein paar Männer spielen da Karten, ein Typ kauft, wie hier üblich, zwei einzelne Zigaretten. Die Verkäuferinnen sitzen abgesichert hinter Gittern. Die Botswaner sind warm angezogen: Wintermantel und -jacken, Mütze oder Hut auf dem Kopf uns wär das viel zu heiß. Daddelmusik spielt. Wir genehmigen uns zur gelungenen Tagestour erstmal ein Bier und nehmen noch was mit ins Quartier.
Botswana! Der Wahn ;-)) Was kommt morgen?