… wenn zwei Radfahrer in Afrika übernachten: Noch ein nachgeliefertes Bild zum letzten Blogeintrag von unserer Lodge bei Nyiika:
Nein wir nehmen die Räder nicht mit ins Bett, aber immer mit in’s Zimmer. Kein Mensch hat und sagt hier was dagegen, obwohl bei aller Einfachheit afrikanische Unterkünfte immer sehr sauber sind. So viel gewischt und gekehrt wird nicht mal bei uns! Und das Ganze ganz leise. Der Handbesen und der Wischmop tun’s. Lärmmaschinen wie Staubsauger oder gar Laubsauger (auch draußen werden ständig welke Blätter weggefegt), sind hier völlig unbekannt und ich habe weder in Südafrika, noch hier und schon gar nicht in Swasiland oder Botswana welche gehört oder gesehen.
Auch wenn es manchmal kein fließendes Wasser gibt (es stehen dann große Kübel mit Wasser zum Herausschöpfen bereit), die sanitären Einrichtungen museumsreif scheinen, riechen tut es kaum mal schlecht. Toilettenpapier ist fast immer da, Seife sowieso. Der Boden glänzt und wird mit eine Paste gewichst, dass man sich drin spiegeln kann. Läuft man barfuß drüber, muss man allerdings etwas aufpassen, damit man nicht davonsegelt, insbesondere beim Betreten des Fussabstreifers. Selbst die einfachen Unterkünfte haben schöne Gärten mit Palmen und anderen tropischen Gewächsen und Tischen und Bänken zum Hinsetzen.
Eine Küche gehört oft zu den preiswerten Backpacker-Unterkünften, allerdings funktionieren Herd, Mikrowelle oder Wasserkocher nicht immer, und dass Geschirr, Töpfe und Besteck annähernd vollständig oder auch einfach nur vorhanden sind, damit darf man hier nicht rechnen. Auch warme Duschen sind Glückssache. Aber so ist das halt in Afrika.
Denn diese Dinge sind teuer hier. Elektroherde mit schwarzen Platten (andere gibt’s nicht, Gasherde sind verbreiteter) kosten fast 400 Dollar, Wasserkocher etc. zu ähnlichen Preisen wie bei uns, aber das Einkommen ist ja viel viel niedriger.
Zurück zum Foto: Das blaue Moskitonetz, das etwas unpraktisch – da standen die zwei Einzelbetten wohl mal zusammen -, aber sehr stylistisch samt Wandschatten der Mitte hängt, braucht man im Winter nicht, genau so wenig wie meine drei Flaschen Anti-Malaria-Mückenabschreckmittel, die ich nur am Anfang der Reise verwendet habe. Ein großer Vorteil vom Winter sind auch die angenehmen Temperaturen: Draußen tagsüber hier in den Bergen auf 1.120 m Höhe in Mutare haben wir gerade so um die 20 Grad, im Zimmer ist es etwas kühler, macht auch nichts, gut so. Geschwitzt haben wir zwar in tieferen Lagen unter Mittag auch schon, aber damit rechnet man ja in Afrika eher, als dass in der Morgenkühle ab und zu Handschuhe angenehm sind.
So genug der Abschweifungen, mal weiter zur Weiterreise der letzten Tage: Von Nyika, einem typischen Dorf an der
A9 – wer hier an Autobahn denkt, liegt falsch – es ist zwar eine der Hauptverbindungen des Landes und gut geteert, eine A-Straße halt, aber zweispurig und streckenweise mit Seitenstreifen, denn hier sind viele Fußgänger unterwegs – sind es knapp 90 km nach Birchenough Brigde. Ein Pass ist auch auf der Karte eingezeichnet, 16 km hinter Nyika. Es steigt ein bisschen, weiterhin schöne Felsenlandschaft, ähnlich wie im Matobo-Nationalpark, aber der Pass ist das wohl noch nicht? Fotopause und ein Blick auf den Tacho: Ja tatsächlich, wir sind schon oben und genießen die malerische Szenerie – rote Blüten, blau-gelbes Auto und ein paar Felsen, Büsche, blauer Himmel etc. Das wär schon ein Ort zum Verweilen:
Dennoch: Die Bar und der Bottle-Store und was sonst noch zu einem solchen Dorfmittelpunkt gehört, sind nicht mit auf dem Bild, denn es ist noch a weng arg bald für eine Pause, oder? So wie in Franken kaum 90 Tagesradkilometer und 5 – 7 Bierkeller unter einen Hut zu bringen sind, so ist das hier bei den kurzen Junitagen (Sonnenuntergang vor 17.30 Uhr) erst recht schlecht möglich.
Also weiter. Sorry, Bilder von Pausen erst vom morgigen Tag, das Tagesziel Birchenough Bridge hat Selteneres zu bieten.
Was ist denn das? Schon von weitem erstaunt zu erblicken (selbst wenn man davon weiß):
Nein, kein Riesenrad im Aufbau, wie es etwa die Tage vorm Berch noch gondelos vom Regnitzgrund aus zu sehen ist (ob es in Afrika überhaupt so etwas gibt?)…also fahren wir mal näher hin.
Eine Stahlbogenfachwerkbrücke a la Eifelturm! In den 1930er Jahren erbaut.
Ein wahres Kunstwerk, das da den breiten Save River überspannt.
Das muss man gesehen haben! Und drüber gefahren sein! Der Konstrukteur Sir Ralph Freeman erschuf auch die Sydney Habour Bridge! Wahrscheinlich ist es die erste Brücke, bei der zuvor Modelle im Windkanal getestet wurden. In Auftag gegeben wurde sie vom Beit Trust des 1906 verstorbenen deutsch-britisch-südafrikanischen Gold- und Diamantenmagnaten Alfred Beit, um Straßenverbindungen im damaligen Rhodesien und im südlichen Afrika zur Florierung des Handels zu verwirklichen, siehe https://de.m.wikipedia.org/wiki/Birchenough_Bridge
Und weil heute, am 21.Juni, grad Wintersonnenwende ist, ein Blick von der Brücke nach Westen:
Der Fluss führt heuer auf Grund der Dürre sehr wenig Wasser. Normalerweise ist um diese Zeit das ganze Flussbett ausgefüllt und der Wasserträger unten braucht nicht so weit laufen:
(Auch wenn es anders scheint: Diese Fotos bringe ich in Aufnahmereihenfolge.)
Am nächsten Morgen sind wir schon kurz nach halb sieben unterwegs, denn bis zu unserem nächsten Quartier am anderen Ende von Mutare sind fast 130 km bergige Kilometer zu bewältigen, dazu liegt der Start unter 500 hm, das Ziel Mutare jedoch auf über 1100 hm, dazwischen geht’s höher rauf und auf und ab sowieso. Wir befürchteten außerdem den gleichen Schlaglöcher- und Flickschustereiholperstraßenzustand wie hier in Brigthenough Bridge.
So bot sich uns die Brücke im Morgenerwachen dar:
LP
Wer jetzt noch wissen will, wie sich drüberfahren anfühlt, dem sei ein You Tube Filmchen empfohlen. Anscheinend können auch Motorradfahrer mal langsam fahren. Und sich nicht beim Brückenfilmen erwischen lassen! Ich wurde nämlich ernsten Blickes, aber zum Glück folgenlos (man hätte eventuell die Kamera beschlagnahmen können…) von der Polizei ermahnt: Vor der Brücke dürfe ich nicht fotografieren, nur auf der Brücke! Oh oh, wieder ein Schreck!
Aber nun der Film:
Zim Gravel Travel 2014. Save River Birchenough Bridge. – YouTube
Unterwegs wird die Gegend grüner und grüner. Viel landwirtschaftliche Nutzfläche. Die Berge sorgen für mehr Niederschlag als sonstwo im Land. Man sieht auch wieder viele wasserführende Flüsse. Auf dem Bild fällt was auf? Was spannt der Bauer hierzulande im Märzen ein? Hier hab ich noch keinen einzigen Traktor gesehen. Lieferwägen, große Laster ja, aber auf den Feldern, geht da immer noch alles ohne Motoreinsatz? Ohne Traktoren und ähnliche Lärmmaschinen? Anscheinend schon. Dieses Bild ist typisch und keine nostalgische Ausnahme:
Ein Stück weiter tauchen dann die hohen Berge vor Mutare auf:
Ach ja, was war denn nun mit den Pausen, an den so unvergleichlich anderen Orten als fränkischen Bierkellern, an den eingangs erwähnten typischen Ortsmittelpunkten? Die schauen so aus:
Eine mehr oder weniger lange Gebäudezeile, mit abwechselnd Läden, Bars und Bottle-Stores. Zur Erinnerung: normale Läden verkaufen keinen Alkohol, nur Bars (oft mit Billiard-Tisch und Fernseher, die „Bardame“ oder auch der Herr sitzen zum Verkauf hinter Gittern) und Bottle-Stores, die oft gleichzeitig auch Brot, Kekse und ähnliches verkaufen. Garküchen, oft unter freiem Himmel, gibt es eigentlich immer und immer mit dem gleichen, schon öfter erwähntem Gericht: Sadza (fester Maispappbrei), wahlweise mit Chicken oder Beef, samt ein wenig Soße und grünen Gemüseblättern. Gegessen wird mit den Fingern: Ein Stück Papp nehmen und damit Soße und Fleisch aufnehmen…
Bierpause also! 0, 75 l oder 0,375 l sind hier die unfränkischen Wahleinheiten. Kaum ein Mann hat eine kleine Flasche in der Hand. Frauen sieht man so gut wie nie beim Bier sitzen, die verkaufen Tomaten, Bananen, Orangen, Avocados Nüsse etc. und sitzen näher an der Straße. Ein recht bunter Betrieb und immer und immer wollen sie dir was verkaufen. Kommt ein Bus angefahren, dann rennen alle Frauen mit ihren Waren auf dem Kopf hin und strecken die Waren den Fahrgäste entgegen:
Ein Frisör ist manchmal in der Ladenzeile, ein Schuster, ein Metzger, ein Non-Food-Gemischtwarenladen, Fahrräder für 120 Dollar waren zu haben, aber keine Ständer, passende Pumpen und Ersatz-Pannenschutzflüssigkeit für unsere Reifen schon gar nicht.
Im Hinterland liegen weit verstreut die zugehörigen Streusiedlungen, jede Hütte mit Farmland oder zumindest großem Grundstück drumrum. Diese Dörfer ziehen sich manchmal kilometerlang hin. Schulen gibt es auffallend viele, dazu Pre-Schools, also Kindergärten, auch High-Schools, landwirtschaftliche Schulen und ähnliches…
Und warum wollte ich einen neuen Radständer? Der Leser denkt sich seinen Teil. Nun ja, oder besser: nun nein, der Radständer, der geknickte, geschiente, kabelbinderbandgierte, arg strapazierte, tja der ist nochmal abgebrochen und so musste ich nochmal drei Zelthäringe, viele Kabelbinder und die schon mal angedachte Bierdose spendieren, in leeren Zustand natürlich. Jetzt schaut’s so aus:
So schaut’s aus! Radfahren in Afrika …