Nach Mutare und weiter ins Honde Valley

Nun wurde zwar im letzten Blog einiges geschrieben, aber nichts über Mutare selbst, wo wir drei Tage waren.
Mutare sei die schönstgelegenste Stadt des Landes, meint mein Reiseführer von 2014 (einen neueren von Simbabwe gab es nicht), schränkt aber gleichzeitig ein, es sei nicht mehr so angenehm wie früher: Der Verkehr habe zugenommen, man werde als Weißer ständig angebettelt, solle sich nur tagsüber dort aufhalten etc. Früher, d.h. vor den Zeiten der Farmbesetzungen im Jahr 2000: Man hat damals die weißen Farmbesitzer aus dem Land gejagt, ja sie waren quasi zum Abschuss freigegeben. Aber mit ihrer Vertreibung verschwand auch das know-how der weißen Farmer …
So strudelte eines der schönsten und unbeschwertesten Reiseländer Afrikas in die Krise. Wirtschaftliche Not, eine zusammenbrechende Infrastruktur und die instabile Rechtslage verschreckten die Touristen. Seit 2009 geht es langsam wieder aufwärts.
Wir haben kaum andere Weiße getroffen. Alle paar Tage sieht man mal einen, der dann sofort mit seinem Auto anhält und fragt, ob alles o.k. sei. Im Süden des Landes nach unserer Einreise aus Botswana, wurde noch normal und höflich mit uns umgegangen. Je weiter wir in den Norden kommen, desto mehr werden wir angebettelt. Das kann schon mal lästig werden, wenn Peter bei jedem Kauf von Bier von Einheimischen gefragt wird, ob er ihnen eines spendiere, ob wir mal einen Dollar haben… Natürlich machen das nicht alle, aber zu viele. Einer fragte gar, ob er mal von seiner am Fahrrad steckenden Cibuku-Flasche trinken dürfe … (Chibuku ist ein ca. 2% alkoholhaltiges Getränk, aus Getreide vergoren, milchig weiß, schmeckt sehr eigenartig und wird viel getrunken, da es billiger als Bier ist.) Auf der anderen Seite sind die Leute aber sehr freundlich und hilfsbereit und versuchen alle infrastrukturellen Mängel wettzumachen.
In Mutare selbst war es aber nicht so schlimm wie der Reiseführer schreibt. Wir hatten eine sehr schön gelegene Unterkunft am Stadtrand, umgeben von großzügigen Villengrundstücken. Von früher kenne ich die 188.000 Einwohner-Stadt auch nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass es mit weniger Verkehr in den Straßen angenehmer war. Aber das ist ein weltweites Problem.
Wie dem auch sei, Simbabwe ist ein wunderschönes Land! Die meisten Hauptstraßen sind in sehr gutem Zustand, wären sogar weitgehend rennradtauglich. Abgesehen von Großstädten ist sehr wenig Verkehr auf abwechslungsreichen Strecken, die das Radfahren zum Vergnügen machen. Dutzende von Kilometern kann man hier über das Land fahren ohne dass einem jemand in die Quere kommt, ohne dass man anhalten muss, ein Genuss, den man in Deutschland höchstens bei Wettkämpfen hat.

Nun aber zu dem, was es zu sehen gibt:
Hoch oben in den Bergen, 30 km von Mutare, im Bvumba-Tal, nach steiler kurvenreicher Auffahrt zu erreichen, hatte in den 1920er Jahren ein britischer Geschäftsmann sein Wochenenddomizil. Kein kleines, sondern eine Riesenfarm, aus der seine Frau im Laufe der Zeit ein botanisches Kunstwerk formte, bzw. formen ließ. Inzwischen ist es an die Nationalparkbehörde verkauft und beinhaltet auch einen Campingplatz und Hütten als Feriendomizil.
Während Peter an seinem Blog schreibt, mache ich einen Tagesausflug rauf. Kein Besucher da außer mir, nur ein paar Gärtner. Absolute Ruhe und Erholung, ein wunderbarer Garten mit einem großem und mehreren kleinen Seen und einem (leider geschlossenen) Teehaus als Herzstück.

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Drum herum schmale gewundene gebirgige Pfade, kleine Bäche, dahinter am Hang Urwald mit Farnen und Lianen,

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weiter unten Lichtungen und Wiesen und hinter jeder Ecke ein neuer Anblick.

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Zu jeder Jahreszeit blüht was anderes. Lustwandeln nach hier und da! Schön!

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Die Zeit ist viel zu schnell um. Ich muss zurückfahren.
Das wäre auch mal was zum oben Zelten, um den verwunschenen Park bei jeder Tages- und Nachtzeit genießen zu können. Die scheuen Samanagoaffen, die Meerkatzen ähnlich sehen und sich abends mit hustendem Geschrei durch die Baumwipfel schwingen, sollen hier relativ leicht zu entdecken sein. Außerdem gäbe es noch 200 verschiedene bunte Schmetterlinge und Blauducker, die fast nur noch hier vorkommen.

Am nächsten Tag schaue ich bei der kleinen Nationalgalerie vorbei: Ein paar Gemälde

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und Skulpturen aus Speckstein geben einen kleinen Einblick in afrikanische Kunst.

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Im Mutare-Museum darf man leider nicht fotografieren. Authentisch und gut gemachte kulturgeschichtliche Panoramen, dazu eine Hütte zum Reinsetzen mit simulierter LED-Feuerstelle, Alltagsgegenstände, Jagdmethoden, Schmuck etc. lassen das Leben der vergangenen Ziwa- und Nyanda-Kulturen lebendig werden.
Naturkundliche Panoramen verblüffen den Betrachter etwas, sieht er doch auf den Erläuterungstafeln zunächst deutlich mehr Tiere als ausgestopfte im Schaufenster. Das ist nix für Schnellgucker: Die Tiere, insbesondere die kleinen und die Vögel, sind so gut getarnt, dass man sie in den ebenfalls naturgetreu nachgebildeten Landschaften an der richtigen Stelle kaum sieht!
Zu diesem städtischen Museum gehört noch das Utopia-Haus, eines der ältesten hier (Mutare entstand ab 1890) und 1897 im Zuge der Vermessung der zu bauenden Eisenbahnlinie von Rhys Fairbridge erbaut, dessen Sohn Kingsley später als Dichter und Poet berühmt wurde. Bei der Vermessung der Bahnlinie von Beira nach Salisbury stellte sich dann heraus, dass man einen Berg hätte untertunneln müssen, um das heutige Mutare an das Schienennetz anzuschließen. Und so zerlegte man nicht den Berg, sondern die wenigen Häuser der damaligen Siedler und baute sie schachbrettartig einige Kilometer entfernt wieder auf.
Das nicht verlegte Utopia-Haus, samt zeitgenössischem Interieur, steht deshalb 2-3 km vom Stadtzentrum entfernt und so mache ich mich auf die Suche. Im Stadtplan war es richtig eingezeichnet, aber kein Hinweisschild führte zu dem versteckt gelegenen Haus. Ich fragte. Rätselraten … Schließlich erbot sich einer mich hinzuführen. Nanu, ein schmaler Pfad – lockt er mich in die Falle?? – ein Privatgarten schließlich, Wäsche am Zaun (hier oft üblich, da Seil und Wäscheklammern fehlen – Trockner? so unbekannt wie Staubsauger (was sollte man auch damit, der Strom fällt oft aus)) – nun eine heruntergetrampelte Zahnlücke zum drübersteigen … aber das ist tatsächlich der Zugang zum Museum! Geschlossen und der ehemalige offizielle Zugang versperrt! Aber alles ist noch da und durch die Fenster kann man reingucken: Ein großer Raum, Bücherregale, Klavier, Tische, ausladendes Bett … Interessant!
Sogar eine Gedenktafel von der Queen Mum, samt gestifteter Skulptur von 1953 ist dazu im Garten.

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Am nächsten Tag gehts weiter über den Christmaspass ins Honde-Val!ey. Aber zuvor begegnen uns Läufer!

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Jawohl ein Halbmarathon und ein 10-km Lauf sind im Gange! Ooch, schade, dass ich es nicht gewusst habe, nirgendwo hingen Plakate aus und auch in der Tourist-Info gab es keine Info drüber. Da hätte ich gerne mitgemacht! Schließlich ist es an diesem letzten Wochenende im Juni genau 40 Jahre her, dass ich mit dem Laufen längerer Wettkampfstrecken angefangen habe: 16 km zum Stammberg war die Premiere, von meinem Heimatort Memmelsdorf aus, östlich von Bamberg. Pausenlos seitdem, kein Jahr ohne mehrere Wettkämpfe. Und immer noch ungebrochene Wettkampflust! (Das bloß nebenbei.)
1500 hm und gut 90 km als Training heute. Auf geht’s! Aber wirklich: Von 1100 auf 1600 mit dem vielfachen üblichen Auf und Ab dazwischen, bevor wir den Eingang zum Honde-Valley, dem wohl reizvollsten Tal der Eastern Highlands, erreichen.
An anfangs dunklen Pinien- und Eukalyptusforsten vorbei schlängelt sich die Straße nun durch kleine Felder, Lehmhütten und ihre bäuerlichen Bewohner. Es geht immer tiefer hinab, bedrohlich hohe Felswände mit Wasserfallblick grenzen das liebliche Tal von den unwirtlichen Bergen ab.
Sonntagnachmittag! Keiner arbeitet, alle stehen nachmittags an der Bar und wollen Bier! Pittoresker Honde-Vally-Blick pur, aber die Leut sind echt zu viel! Gar nicht so einfach hier wieder loszukommen. Sie nageln uns fest, wollen alles wissen, ein Bier spendiert haben, einen Dollar …

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Wir entfliehen und rauschen genussvoll den Serpentinen-Berg noch etliche Kilometer hinab, bis es ruhiger wird. Schattige offene Strohhütten zum Hinsetzen, Prost! Weiter geht’s unter weiterem Verlust von Höhenmetern. Willst du da wirklich runter, hatte Peter eingangs gefragt, denn wir müssen alles wieder rauf. Das schöne Tal ist eine Sackgasse. Aber eine lohnende. Außerdem wäre es sonst mit Übernachten schwierig geworden.
In Hauna, dem Hauptort des Tales bietet sich gleich am Anfang ‚Mothers Kitchen and Lodges‘ an. Klingt gut! Einfache Zimmer mit Strom und Wasser, ok und echt afrikanisch. Das Türschloss ist vorhanden, sperrt auch gut, nur die Türklinke fehlt … Im Bad scheint das Wasser nicht zu fließen, aber mit Tricks geht alles! Ein Eimer heißes Wasser kommt am nächsten Morgen, so heiß, dass es als Kaffeewasser taugt. Zum warm Waschen dann kaltes dazu rein und noch die kleine Wäsche hinterher und der Haushalt ist für diesen Tag erledigt!
Vier Zimmer gibt’s hier. Abend werden auch die drei unbelegten abgesperrt und am nächsten Morgen gefegt und abgestaubt, genauso wie der staubige Boden vor der Hütte sauber gefegt wird. Nicht ein Fetzelchen Papier oder ein Blatt fliegt rum. Besen gibt es, Kehrschaufeln schon nicht mehr, ein Stück Pappe genügt.
Das Honde-Tal zieht sich noch drei Dutzend Kilometer hin. Mehrere Hängebrücken zur Flussquerung sind bei der einheimischen Bevölkerung in Gebrauch. Hab’s ausprobiert, sie sind nicht so wacklig wie es scheint. Diese hier ist aus stabilen Bambusrohren und die Schulkinder benutzen sie täglich ohne Elternaufsicht, ohne TÜV-Prüfsiegel oder sonstwas:

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Am Ende des Tales ändert sich die Landschaft nochmals: Statt bunter Felder bestimmen leuchtend grüne Teeplantagen das Bild bis zur mosambikanischen Grenze.

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Seit den 1940ern sind die Tea Estates Eastern Highlands und Aberfoyle in dem günstigen feuchten Klima und der niedrigen Höhenlage, ca. 800-1000 hm, ansässig. Je nach Qualität wird der Tee handgepflückt oder maschinengeerntet. Die zimbabwischen Tees sind dunkel und am besten mit Milch zu trinken.